Was bringt die neue Mobilität dem einzelnen Menschen?
Neue Mobilität heißt Elektromobilität und Förderung weiterer Energieträger, die die Umwelt nicht negativ beeinflussen. Allgemein bekannt ist, dass die Elektromobilität ein wichtiges Instrument zur Eindämmung eines menschengemachten Klimawandels ist, der dem Menschen das Leben auf der Erde unmöglich machen wird, wenn er weiter ungebremst fortschreitet.
Wenn in öffentlichen Diskussionen und Medien an die Gründe für eine Verkehrswende zur Elektromobilität erinnert wird, bleibt wegen der Bedeutung dieser Megaaufgabe meist kein Raum mehr, um auf die Auswirkungen für das einzelne Individuum hinzuweisen. Das sollte man dennoch öfter einmal tun, hier geht es schließlich um das lange und gesunde Leben:
Die Verbrennung fossiler Energieträger ist als Hauptverursacher der Luftverschmutzung mit an der Entwicklung chronischer Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD beteiligt. In Deutschland leiden etwa 5 % der Erwachsenen und 10 % der Kinder an Asthma; COPD ist längst zur Volkskrankheit geworden, die jeden 8. Erwachsenen über 40 Jahre betrifft.
Während die Auswirkungen der schädlichen Emissionen auf viele weitere Krankheiten und Nahrungsunverträglichkeiten gerade erst erforscht werden, ist die Menschheit bereits dabei, diese Folgen in kollektiver Anstrengung zu bekämpfen – ein guter Grund für Zukunftsoptimismus; der zu oft an der Benennung erschreckender Fakten scheitert: Weil wir diese Fakten heute kennen und ansprechen, bekämpfen wir sie auch, und der Mensch wird heute weitaus älter als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit.
2022 wird das Jahr sein, in dem die neue Ära der Mobilität erst so richtig beginnt, die Elektromobilität richtig Fahrt aufnimmt:
Schon 2021 wählten 43 % aller Neuwagenkäufer eine alternative Antriebsart; fast jeder zehnte Neuwagen in der gesamten EU war ein Elektroauto. Dieses Jahr rechnen die Experten damit, dass jede 4. Neuzulassung ein „Stromer“ sein wird.
Gleichzeitig erreicht das Angebot an Ladestationen langsam befriedigende Ausmaße: Der Markt hat seit 2018 jedes Jahr um gut 30% zugelegt, die Errichtung öffentlicher plus privater Ladestationen wurde und wird von Bund und Kommunen gefördert. 2022 ist auch das erste Jahr, in dem an allen öffentlich zugänglichen Ladestationen durchgehend eichrechtskonform in kWh abgerechnet werden müssen, weil alte Übergangsfristen auslaufen. Diese gesetzliche Pflicht zur Preis-Transparenz dürfte den Wettbewerb kräftig und für den Verbraucher positiv befeuern.
2022 kommen auch die ersten gebrauchten Elektroautos auf den Markt, die staatliche Förderung der E-Mobilität verteilt sich damit in die Ebene der vielen Kfz-Nutzer, die aus Kostengründen oder bewusster (ökologisch motivierter) Entscheidung niemals Neuwagen kaufen.
Damit wird die Elektromobilität 2022 so allgegenwärtig wie die Akzeptanz des neuen Weges – eine Entwicklung, die uns die gesunde Luft von früher zurückbringen wird. Aber dazu mit mehr Batterie-Reichweite auch die grenzenlose Mobilität, an der die schon um 1900 vorherrschende E-Mobilität damals scheiterte.
Mehr gesunde Luft ist auch die beste Voraussetzung für eine Landwirtschaftsreform „zurück zu mehr Natur“, die im Jahr 2022 gleichfalls richtig anläuft: Die zweijährige Übergangsphase für die „Öko-Regelungen“ der 2020 beschlossenen EU-Agrarreform läuft 2022 aus; unsere neue Regierung hat nachhaltige Landwirtschaft und ökologischen Landbau zu ihrem Leitbild gemacht; Deutschlands führender Discounter Aldi bietet eine gute Auswahl an Fleisch und Milch-Produkten aus artgerechten Haltungsformen und stellt bis 2030 komplett auf diese Haltungsformen um.
Wie wird die neue Ära die persönliche Mobilität verändern?
Sicher sehr umfassend: In den Metropolregionen und Städten herrscht bei den Entscheidern schon längst Übereinkunft darüber, dass der öffentliche Raum den Menschen gehört und nicht Millionen von Fahrzeugen, die 23 Stunden des Tages herumstehen. Die vielen zusätzlichen Radwege, die in der Hochzeit der Corona-Pandemie geschaffen wurden, markierten den Beginn der Umsetzung, die aber auch durch Elektromobilität nachhaltig und vielfältig mitgestaltet werden wird.
Die neue Bundesregierung will unbedingt ein vernünftiges Verkehrskonzept für den ländlichen Raum gestalten, mit dem die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land auch in der abgelegensten Ecke Deutschlands zur gelebten Realität wird.
Dr. Stefan Carsten, einer der führenden Forscher zur Zukunft der Mobilität, als langjähriger Projektleiter der Zukunfts- und Umfeldforschung bei der Daimler AG intimer Kenner der Branche und Mitglied im Expertenbeirat der Bundesregierung zur „ÖPNV-Strategie 2030+“, sieht eine saubere Zukunft mit einer bunten, vielfältigen Mobilität:
Umweltschonende Elektromobilität von der Haustür bis zum Zielort, ohne Lärm, Gestank und schädliche Emissionen. Für Stadt- und Landbewohner, pro Streckenabschnitt mit dem jeweils passenden kleinen oder großen „Auto-Mobil“. Er sieht echte, autarke Auto-Mobilität für Fernstrecken, die durch mehrfache Absicherung die tausenden Todesfälle vermeidet, die der Verkehr zur Zeit verursacht – und den Menschen Zeit zum Lesen, Träumen, Entspannen gibt.
Er sieht einen Wandel der heutigen Tankstellen zu Energy Places, die neueste Ladetechnologie zur Verfügung stellen, aber auch alle weiteren Facetten der Mobilität anbieten. Er sieht Städte, in denen die Parkplätze zu Raum für Menschen werden; Wohnraum und viele kleine Grünflächen, die wieder Leben in den öffentlichen Raum bringen.
Wer wird abgehängt bei der ökologischen Verkehrswende?
Wie immer (bei tiefgreifenden Veränderungen) wird es Übergangsfristen geben – realistische Übergangsfristen, solange im Bundestag mehr arbeitende Menschen sitzen als realitätsferne „Eliten“.
Wenn das Land durch die Elektromobilität besser und geschickter vernetzt wird, können und werden Landbewohner so kreativ arbeiten, wie es bisher nur im städtischen Ballungsraum möglich war. Wenn die Städte zu einem Lebensraum für Menschen werden, wird das Stadtleben gesünder und von schädlichem, kontraproduktivem Stress befreit.
Wenn die Mobilität vielfältiger wird, bedeutet das auch, dass sie nicht mehr vor der Haustür endet – sondern allen Menschen, die zeitweise oder immer in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind, eine neues mobiles Leben bietet.
Die Vielfalt der neuen Elektromobilität und der in Städten zusätzlich zur Verfügung stehende Raum (der bisherige Parkraum) werden viele neue Arbeitsplätze hervorbringen. Der zusätzlich Raum bietet viel Platz für Pflanzen, die die Stadt grüner machen, die Luft säubern, Hitzeschutz bieten und das Stadtklima verbessern.
Fazit
Die neue Ära der Elektromobilität, die jetzt gerade beginnt, bietet dem Menschen zusammen mit vielen weiteren gerade anlaufenden Veränderungen die Chance, die Kurve zu kriegen – um unseren Planeten lebenswert zu gestalten, obwohl inzwischen acht Milliarden Menschen und bald zehn Milliarden Menschen auf ihm leben.
Natürlich braucht es dazu große Veränderung, klar wird das alles dauern. Aber Mitmachen ist ohnehin unsere einzige Chance, weil Fatalismus nur abwärts führt, während Zukunftsoptimismus dem menschlichen Wesen entspricht und zur „Rettung der Welt“ gebraucht wird.