AFIR-Neuerungen für öffentliche Ladepunkte zum 08.01.2026
Was ist neu zum 08.01.2026
Nach der Umsetzung der AFIR-Verordnung (EU) 2023/1804 folgt Anfang 2026 der nächste große Schritt für Betreiber und Hersteller von öffentlichen Ladestationen. Mit der neuen Delegierten Verordnung (EU) 2025/656 konkretisiert die EU-Kommission, wie Ladepunkte künftig technisch ausgestattet sein müssen, um den steigenden Anforderungen an Interoperabilität, Nutzerfreundlichkeit und Zukunftsfähigkeit gerecht zu werden. Besonders im Fokus: die ISO-15118-Kommunikation – Grundlage für Plug & Charge und bidirektionales Laden.
Die neuen technischen Anforderungen gelten gestaffelt:
- Ab 8. Januar 2026: Alle neu installierten oder umfassend erneuerten öffentlich zugänglichen Ladepunkte müssen ISO 15118-2 unterstützen – den Standard für Plug & Charge.
- Ab 1. Januar 2027: Alle öffentlichen und privaten Ladepunkte müssen den erweiterten Standard ISO 15118-20 für bidirektionales Laden (V2G) umsetzen.
Wichtig: Bestandsschutz gilt für bereits installierte Ladepunkte, sofern sie nicht „umfassend erneuert“ werden. Der Austausch einzelner Komponenten (z. B. Kabel) zählt nicht dazu.
Mehr Hintergrund zur Rolle der AFIR und ihren Auswirkungen findest du im Artikel „AFIR – Fluch und Segen für Ladeinfrastruktur“.
Hardware-Bauteil im Mittelpunkt: PLC-Modem
Technisch setzt die ISO 15118 ein PLC-Modem (Power Line Communication) voraus, über das das Fahrzeug und die Ladesäule miteinander intelligent kommunizieren können. Ohne ein integriertes PLC-Modem ist keine entsprechende Kommunikation nach ISO 15118 möglich.
- DC-Ladestationen nutzen die ISO 15118-Kommunikation bereits heute für den Ladevorgang – hier besteht meist kein Anpassungsbedarf.
- AC-Ladestationen hingegen haben bislang häufig keine Kommunikation nach ISO 15118 unterstützt und entsprechend auch kein PLC-Modem verbaut. Hier müssen die Hersteller nun nachrüsten.
Entscheidend für den Aufbau ab dem 08.01.2026 wird also sein, dass in der Ladestation die entsprechende Hardware mit integriertem PLC-Modem verbaut ist. Ein reines Software-Update reicht in den meisten Fällen nicht aus. Die Software der Ladestation sowie das eingesetzte Backend müssen zudem angepasst werden, um ISO 15118-2 und damit echtes Plug & Charge zu unterstützen.
Was ist Plug & Charge überhaupt?
Plug & Charge (PnC) ermöglicht das automatische Starten eines Ladevorgangs allein durch das Einstecken des Ladekabels. Nach Aufbau einer sicheren Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation identifiziert sich das Fahrzeug zertifikatsbasiert an der Säule, die den Ladevorgang anschließend im Backend autorisiert – eine zusätzliche Authentifizierung per App oder Ladekarte ist nicht mehr nötig.
Damit Plug & Charge in der Praxis funktioniert, ist bei vielen Fahrzeugen noch ein Software-Update erforderlich. Während der Komfort für den Nutzer steigt, stärkt die Funktion zugleich die Rolle der Fahrstromanbieter – was teils kritisch gesehen wird. Warum ein Kreditkartenterminal in manchen Fällen die bessere Wahl sein kann, beleuchten wir im Artikel „HYC49 – alpitronic mit 49,9 kW statt Zahlungsterminal-Pflicht“.
Übrigens: Autocharge ist ein vereinfachter Vorläufer von Plug & Charge. Die Fahrzeugerkennung erfolgt hier über die MAC-Adresse des Fahrzeugs. Das Verfahren ist weniger sicher, aber an Schnellladesäulen bereits weit verbreitet – etwa bei Fastned oder der EnBW.
Wichtig für beide Verfahren:
Die Ladesteckdose darf vor Abschluss der Authentifizierung nicht verriegelt sein. Zunächst muss das Kabel eingesteckt werden, bevor das Fahrzeug automatisch autorisiert wird. Bei vielen AC-Ladestationen wurde bisher erst nach der Autorisierung entriegelt – was Plug & Charge oder Autocharge verhindert.
Stand bei AC- und DC-Ladestationen
Die folgende Übersicht zeigt, welche gängigen Modelle bereits über ein PLC-Modem verfügen („ISO 15118 ready“) und welche noch nicht.
| Hersteller | mit PLC-Modem („ISO 15118 ready“) | ohne PLC-Modem |
| ALFEN | (neue) Plus-Serie | Pro-Line, PG-Line, S-Line |
| Compleo | DUO, DUO fleet, eBox | DUO ims |
| KEBA | P40 Pro, P30 x-Serie | P40, P30 c-Serie |
| Mennekes | Amtron prof. mit Option PnC, Amtron 4You, Amedio | Amtron prof. ohne Option PnC |
| Peblar | Business Wallbox | – |
| Technagon | Option „ISO 15118“ für alle Produkte verfügbar, ab 2026 vsl. Standard | – |
Besonders betroffen ist die Alfen NG-Plattform, da sie kein PLC-Modem integriert und somit nicht ISO 15118-fähig ist. Die Nachfolgeprodukte der Alfen Plus Serie mit Unterstützung für ISO 15118 sind bereits angekündigt und sollen ab Q4/2025 verfügbar sein.
Wann gilt ein Ladepunkt als „öffentlicher Ladepunkt“
Entscheidend dafür, dass die neuen Regelungen ab dem 08.01.2026 greifen, ist, ob es sich um einen öffentlichen Ladepunkt handelt.
Ein Ladepunkt gilt als öffentlich zugänglich, wenn
- der Nutzerkreis nicht eindeutig geschlossen ist (z. B. Kundenparkplätze, öffentliche Straßen) oder
- der Zugang über Roaming-fähige Ladekarten oder Apps auch für externe Nutzer möglich ist.
Beispiele:
- Ladepunkte auf Supermarktparkplätzen oder in Parkhäusern → öffentlich zugänglich
- Ladepunkte auf Firmengeländen nur für Mitarbeitende → nicht öffentlich
Fazit
Neben Plug & Charge ermöglicht die ISO 15118 den Austausch deutlich umfangreicherer Informationen zwischen Fahrzeug und Ladesäule als die bisherige Standardkommunikation bei AC-Ladestationen. Im Sinne einer digitalen, einheitlichen und zukunftssicheren Ladeinfrastruktur in Europa ist das ein konsequenter nächster Schritt.
Die Übergangsfrist bis Anfang 2026 eröffnet zwei strategische Wege:
- Jetzt noch schnell sein: Wer seine öffentliche Ladeinfrastruktur vor dem 08.01.2026 in Betrieb nimmt, kann sie noch ohne PLC-Modem realisieren – und damit mit bewährter Technik arbeiten, solange Bestandsschutz gilt.
- Oder jetzt schon für die Zukunft planen: Wer langfristig denkt, setzt schon heute auf Ladetechnik mit integriertem PLC-Modem. So ist die Infrastruktur bereit für Plug & Charge, ISO 15118 und die kommenden AFIR-Vorgaben – und damit zukunftssicher über 2026 hinaus.
Offizielle Informationen findest du auf der EU-Seite zur Delegierten Verordnung (EU) 2025/656.
Wir sind für Sie da
Wir unterstützen bei kurzfristigen Lieferungen und beraten gleichzeitig gerne hinsichtlich von Alternativen, die die neuen Anforderungen der AFIR erfüllen.
Sebastian Metzler Team Lead - Product & Supply Chain
