„Nach spätestens 8 Jahren und 100.000 Kilometern kannst du den Akku in deinem E-Auto ohnehin wegwerfen!“
Diese und ähnliche Thesen bekommen wir E-Mobilist*innen immer wieder zu hören. Für die Kritiker der Elektromobilität ist die Diskussion über die Haltbarkeit der in den Autos verbauten Akkumulatoren eines der führenden Argumente. Das Thema ist jedoch umgeben von unglaublich vielen Halbwahrheiten und bloßen Vermutungen. Was hier beim Differenzieren hilft: Blanke und ungeschönte Fakten aus der Wissenschaft. Aus diesem Grund habe ich mich durch eine Studie der Technischen Universität München (TUM) gewälzt, um herauszufinden, welchen Fakten dem angeblichen Halbwissen über E-Autos entgegenstehen.
Die wissenschaftliche Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Reichweite, Effizienz und vor allem auch der Lebenszeit der Fahrzeugkomponenten eines E-Autos. Die Studie findet ihr zum Nachlesen übrigens am Ende dieses Beitrags als Quelle verlinkt. Damit die Testbedingungen so realitätsnah wie nur möglich ausfallen, haben die Forschenden einen Volkswagen ID.3 Pro Performance aus Serienproduktion genauer unter die Lupe genommen. Das Fahrzeug wurde über den regulären Vertriebskanal erstanden – so konnte man sichergehen, dass die verbaute Technik exakt dem der an Endkunden ausgelieferten Modelle entspricht.
„Bei meinem Handy ist der Akku nach drei Jahren auch am Ende!“
Wie oft habe ich diesen Satz gehört, wenn ich mit Bekannten über die Nachhaltigkeit von E-Fahrzeugen diskutiert habe. Die Annahme ist nachvollziehbar: Wir alle haben im Alltag bereits mitbekommen, wie unsere Smartphones im Laufe der Zeit an Akkukapazität eingebüßt haben. Nach 2-3 Jahren stellt man die Alltagstauglichkeit seines Telefons in Frage, weil die Ausdauer derart spürbar nachlässt, dass man es am liebsten nur noch am Ladegerät betreibt. Also ist das doch der gleiche Effekt bei einem Auto, schlussfolgern Viele.
Nein, auch wenn E-Autos und Smartphones Strom als Treibstoff nutzen, so unterscheidet sich der Aufbau des Akkus dann doch extrem. Der entscheidende Punkt für die Alterung der Zelle ist, unter welcher Last sie betrieben wird. Die allermeisten Telefone nutzen eine einzelne Akkuzelle als Stromlieferant. Da sie die gesamte Last im Betrieb (und auch beim Aufladen) im Alleingang tragen muss, unterliegt sie (vereinfacht gesagt) einer stärkeren Belastung, als dies bei einem E-Auto der Fall wäre – trotz, oder genau wegen, der höheren Energiemenge. Denn das Akkupack eines E-Autos besteht (je nach Variante) aus dutzenden oder gar hunderten einzelner Akkuzellen, welche in Reihe und/oder parallel verdrahtet sind. Jeder Be- und Entladevorgang wird so auf die Gesamtheit der Zellen verteilt – ganz dem Motto „gemeinsam sind wir stark“. Vereinfacht gesprochen wird eine einzelne Akkuzelle im E-Auto also weniger gestresst als die Energiespeicher in unseren Telefonen. Letzten Endes resultiert das darin, dass es durchaus sein kann, dass ein Smartphone-Akku nach 3 Jahren schlapp macht, während ein Fahrzeug-Akku noch keine signifikanten Leistungseinbrüche verzeichnet.
Der Alterungsprozess von Akkus
Generell altern Akkus durch fortschreitendes Alter und durch die Anzahl der Be- und Entladezyklen und der während dieser stattfindenden (thermischen) Belastung.
Den Alterungsprozess der chemischen Komponenten können wir (Stand heute) nur schwer begrenzen oder kontrollieren. Einen viel größeren Effekt auf den Verschleißgrad eines Akkumulators hat deshalb der Alterungsprozess, welcher durch Belastungssituationen beschleunigt wird.
Am liebsten geben Akkus Strom nämlich mit in einer recht geringen Leistung ab – für den Ladevorgang gilt gleiches. Alles was den Akku schnell be- oder entlädt ist purer Stress für diesen. Durch diese Lastspitzen entsteht Hitze – und auf die reagieren die chemischen Komponenten im Inneren auf Dauer äußerst sensibel. Das ist auch der Grund, warum E-Fahrzeuge mit ausgeklügelten Thermomanagement-System versuchen, den Betriebszustand der Batterien penibel in einem optimalen Temperaturfenster zu halten. Wird ein Akku also häufig durch hohe Ströme belastet, wird er bedeutend schneller altern als ein Akku, welcher mit gemächlichem Tempo be- und wieder entladen wird.
Diese „Extremsituationen“ für einen Akku lassen sich prinzipiell durch zwei Ereignisse provozieren:
- Durch langes, schnelles Autofahren – beispielsweise auf der Autobahn – wobei der E-Antrieb über einen weiten Streckenabschnitt kontinuierlich viel Leistung vom Akku beziehen muss.
- Durch das Aufladen mit hohen Strömen, wie das bei DC-Ladevorgängen an Schnelladestation der Fall ist.
Exkurs Ende: Hier kommen die Fakten aus der Studie!
Die Wissenschaftler*innen haben die Zellen des ID.3-Batterypacks einer simulierten, aber absolut realitätsnahen, Be- und Entladekurve ausgesetzt, um so unter verschiedenen Lastprofilen herauszufinden, wie diese sich auf die Lebensdauer der Zellen auswirken.
Am anschaulichsten verdeutlicht die Ergebnisse der nachfolgende Graph.
Zu sehen: Die nach den Messergebnissen der Studie erwartete Degradation des Akkus hinsichtlich seines SOH (State of health = Kapazität) im Verlauf der Nutzungsjahre. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass das Fahrzeug in diesem Zeitraum 20.000km/Jahr bewegt wurde.
Was deutlich wird: Egal welches Nutzungsverhalten zugrunde liegt, auch nach den simulierten 10 Jahren und über 200.000 Kilometern Fahrleistung hat keine der Verschleißkurven die Grenze von 80% verbleibender Akkukapazität unterschritten.
Viele Fahrzeughersteller, wie etwa auch das getestete ID.3-Akkupack von VW, geben eine begrenzte Garantie auf die Restkapazität Ihrer Stromspeicher nach bestimmter Laufleistung oder Zeitspanne. Wie deutlich wird, planen die Hersteller hier reichliche Kapazitätspuffer ein, um ihrem Garantieversprechen nur im Extremfall nachkommen zu müssen.
Was sich aber durchaus erkennen lässt: Die zuvor besprochenen Unterschiede im Strecken- und Ladeprofil schlagen sich trotz allem merklich auf die Langzeitperformance des Akkupacks nieder.
Rechts: Das Fahrprofil eines E-Autos bei Autobahn-Etappen. Der Akku wird in kurzer Zeit relativ stark entleert und der anschließende Ladevorgang erfolgt in einem sehr kurzen Zeitraum mit hohen Strömen am DC-Schnelllader.
Fazit: E-Autos fahren – und fahren auch noch nach Jahren!
Was diese Studie der TU München uns E-Mobilist*innen ganz deutlich macht: Elektroautos sind eine langfristige Investition in die Zukunft und keine vorübergehend aufgetretene Modeerscheinung. Auch was ihre Langlebigkeit betrifft. Die Forschenden zeigen, dass der Akku (wenn kein anderweitiger technischer Defekt vorliegt), ein vollständiges Fahrzeugleben weitab der 200.000 km-Marke durchhalten wird. Damit haben E-Fahrzeuge eine mindestens ebenso hohe Lebenserwartung wie ihre Verbrenner-Pendants.
In total, the real-world cycles far outperform the mileage and operating time warranty by the manufacturer and assumptions generally taken in the literature. If these updated numbers are considered in electric powertrain concept comparisons, such as in the intensively discussed fuel cell versus battery-electric debate, battery electric vehicles may be more superior than previously assumed.
Quelle: Quantifying the state of the art of electric powertrains in battery electric vehicles: Range, efficiency, and lifetime from component to system level of the Volkswagen ID.3