Auch die E-Mobilität war ein zentrales Wahlkampfthema. Daher findet sich auch in den Verhandlungen der drei Parteien dieses Thema wieder. In den Sondierungspapieren steht dazu folgender Satz: „Wir wollen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen und dafür den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur massiv beschleunigen“. Für alle Autofahrer interessant – ein generelles Tempolimit ist auch mit rot-grüner Regierungsbeteiligung vom Tisch.
Fit for 55 – der Plan der Grünen für Deutschland und Europa
Die drei Spitzenkandidaten der Parteien befinden sich mit ihren Teams in vertiefenden Koalitionsverhandlungen. Fast-Kanzler Olaf Scholz von der SPD, Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock und FDP-Chef Christian Lindner leiten die Verhandlungen. Dabei geht es unter anderem um den EU-Klimaplan „Fit for 55“. Darin geht es nicht um die körperliche Fitness ab 55, sondern um Vorschläge der EU-Kommission zum Thema Klimaschutz.
Im Rahmen der Vorschläge geht es unter anderem um die Decarbonisierung des Verkehrssektors. Das bedeutet, ab 2035 sollen in der EU nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Geht es nach dem Wahlprogramm von Bündnis90/Die Grünen, ist dieser Schritt gut, aber da ginge noch mehr. Die Grünen wollen den Fahrradverkehr stärken und Autos aus den Innenstädten verbannen. Eine Initiative wäre hier, die großzügigen Abstellflächen für Autos den Fahrrädern zu überlassen. Eine Citymaut ist ein anderer Schritt, den die Grünen gehen würden, wenn sie könnten, wie sie wollten.
Die Grenze von 2035 soll laut Annalena Baerbock auf 2030 gesenkt werden. Das würde bedeuten, ab 2030 sollen in Deutschland und der EU nur noch umweltschonende E-Autos neu zugelassen werden. Für die Grünen ist klar, dass die Höhe einer entsprechenden Autoförderung nach der jeweiligen Klimafreundlichkeit ausgerichtet sein muss. Geld soll es auch für das Umrüsten von Verbrennern auf E-Autos geben. Das Carsharing-Angebot, das in urbanen Siedlungen auf dem Vormarsch ist, soll speziell in den ländlichen Regionen attraktiver werden.
SPD sieht Brennstoffzellen als Alternative
Fahrverbote für Verbrenner? Dazu kommt von der SPD bislang kein Kommentar. Wer das Wahlprogramm der Sozialdemokraten liest, erkennt, dass die Partei die E-Autos stark fördern will. Alternativ dazu soll auch das Antriebskonzept der Brennstoffzelle im Bereich der Schwerlasttransporte Wichtigkeit erlangen.
Die SPD sieht Deutschland an der zukünftigen Spitze in Sachen sauberer Individualverkehr. Eine Regierung unter den Sozialdemokraten solle von „weniger Autos und mehr Fahrrädern“ geprägt sein.
Die FDP – der Fehlschluss in Sachen Nachhaltigkeit
Und was denken die Mitglieder der Freien Demokratischen Partei? Hier sprich man von „einer innovativen, ökologischen und bezahlbaren Mobilität, einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik ohne ideologische Scheuklappen. Tempolimits, Diesel- oder Motorradfahrverbote sind weder progressiv noch nachhaltig“. Das zumindest sagt die Partei in ihrem Wahlprogramm.
Nimmt man die überwiegende Zahl an Statistiken zum Beispiel beim Thema generelles Tempolimit, kommt man beim Thema Nachhaltigkeit zu einem anderen Schluss als die FDP. Prüft man das Tempolimit wissenschaftlich, gibt es einen großen Punkt – die Umweltbelastung. Andere Punkte wie der Verkehrsfluss, die Verkehrssicherheit, die Lärmbelästigung und der Zeitverlust (den es dank einer Verkehrsflussentspannung nicht geben würde) sollen an einer anderen Stelle besprochen werden.
Deutschland ist das einzige westliche Industrieland, das kein Tempolimit auf den Autobahnen hat. Eine Studie[1] des IW Köln zeigt, dass drei Viertel der deutschen Autobahnfahrer durchgängig langsamer als 130 fahren. 75 % aller Wähler, da sie einen Führerschein haben, wären also die natürliche Zielgruppe für ein Tempolimit. Laut der Studie würden ohnehin nur 1 bis 4 Prozent regelmäßig schneller als 160 rasen.
Geht es ums Thema CO2-Emissionen irrt sich die FDP laut aktuellem Forschungsstand, zumindest, was deren Zusammenhang mit dem Tempolimit für Verbrenner einhergeht. Prof. Harald Lesch hat in einem Video[2] die Frage gestellt: „Wenn wir langsamer fahren, verbrauchen wir dann …?“
- Mehr Benzin
- Weniger Benzin
- Gleich viel Benzin
- Telefon-Joker
Die Antwort: Wenn man langsamer fährt, verbraucht man auch weniger Brennstoff. Wenn man weniger Brennstoff verbraucht, kommt hinten weniger CO2 heraus. Damit ist klar, ein Tempolimit für Verbrenner würde viel CO2 einsparen. Damit ist aber auch klar: nicht nur der Einsatz von E-Autos, auch ein Tempolimit für Verbrenner würden die Nachhaltigkeit fördern. Warum die FDP an einem Tempolimit nicht rütteln will, bleibt deren Geheimnis.
Interessanterweise ist für Christian Lindner statt einer Einschränkung des Individualverkehrs eine intelligente und innovative Verkehrslenkung die bessere Lösung. Ein Tempolimit hat in anderen Ländern dazu geführt, dass der Verkehr besser fließt.
Die Ampelkoalition – Stand Oktober/November 2021
Hier verhandeln drei komplett konträre politische Parteien. Noch darf spekuliert werden, wohin die E-Reise gehen wird und wer von den dreien sich mit seiner Vision für eine deutsche und europäische E-Mobilitäts-Zukunft durchsetzen wird.
Alle drei Parteien wollen die Staatsschulden reduzieren. Das ist laut verschiedener Expertenmeinungen nicht der beste Weg. Der Staat könne Geld drucken, um zum einen wichtige Investitionen (Bildung, Verkehr, digitaler Ausbau) auf den Weg zu bringen und damit zum anderen die Wirtschaft anzukurbeln. Staatsschulden funktionieren, kurz gesagt, anders als die Schulden von Privatpersonen. Aber, die drei Parteien wollen es dennoch tun.
In der Zeitung „Die Welt“ wird das Sondierungspapier dazu zitiert: „Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir den Haushalt auf überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben überprüfen“. Noch ist nicht klar, was das bedeutet, aber Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer meint, damit seien vermutlich die Subventionen für die Autoindustrie gemeint. Geht man von den Grünen und der FDP aus, unterhalten die beiden sich über ein Ende der Förderung von Plug-in-Hybriden.
ADAC – „Regierung will Klimaziele erreichen, ohne die Bevölkerung zu überfordern“
Der ADAC ist die Interessensvertretung der deutschen Autofahrer. Er geht davon aus, dass die kommende Ampel-Koalition versuchen wird, die Klimaschutzziel zu erreichen. Dabei soll aber darauf Rücksicht genommen werden, die Bevölkerung nicht zu überfordern oder deren Mobilität unverhältnismäßig einzuschränken. Es geht also um den Spagat, Veränderungen zum Wohle aller durchzuführen, ohne dass jemand etwas davon merkt.
Man erkennt, das könnte schwer werden. Allerdings stellt das E-Auto genau diese Form der Veränderung dar. Zwar würde die Übergangsgeneration durchaus Unterschiede feststellen (Länge „Tankvorgang“, weniger CO2-Emissionen, …), aber die Nachfolgegeneration könnte einen „normalen“ Individualverkehr genießen.
Man darf letztlich gespannt sein, welche Pläne der umweltschonend denkenden Grünen, welche der sozialdemokratisch denkenden SPD und welche der marktkapitalistischen FDP umgesetzt werden können.
[1] https://www.iwkoeln.de/studien/thomas-puls-jan-marten-wendt-schneller-als-130-regel-oder-ausnahme.html – 26.10.2021
[2] https://www.youtube.com/watch?v=ggsF4jwZ5ps – 26.10.2021