Das Elektroauto hat 2021 der Automobilindustrie die Exportbilanz gerettet, zeigt Destatis. Der Außenhandel mit E-Autos ist gegenüber dem Vorjahr erneut angestiegen, während der Handel mit Verbrennern immer weiter einbricht. Insgesamt gab es trotz Chipmangel und Lieferengpässen ein Exportplus von 10 Prozent gegenüber 2020. Die Zahlen liegen aber immer noch 8 Prozent niedriger als 2019.
Außenhandel 2021 noch nicht auf Vorkrisenniveau
Chipmangel und weiterhin bestehende Lieferengpässe haben auch 2021 noch die Zahlen der Automobilwirtschaft geprägt. Ende Februar 2022 konnte Destatis die Auswertungen der Handelsbilanzen veröffentlichen. Gegenüber dem Vorjahr (2020) sind die PKW-Exporte zwar gestiegen, aber das Niveau von 2019 haben sie noch nicht erreicht.
Besonders interessant: Sowohl der Import als auch der Export von Verbrennern ist gegenüber 2020 noch einmal zurückgegangen. Das reine Elektroauto, Hybrid und Mildhybrid dagegen haben zugelegt. Rund 300.000 reine Elektrofahrzeuge wurden 2021 exportiert. Das entspricht einem Wert von 12,6 Milliarden Euro. Der wertmäßige Anstieg liegt damit 78,1 Prozent über dem Wert von 2020 und 272,7 Prozent über dem Wert von 2019.
Bei den Plug-in-Hybriden, der Verbindung von Elektro- und Verbrennungsmotor, lag der Anstieg bei 37,5 Prozent gegenüber 2020. Exportiert wurden 264.000 Fahrzeuge mit einem Wert von 10,5 Milliarden Euro. Bei den Mildhybriden (ebenfalls mit Verbrennungsmotor und Elektromotor) lag der Wert bei 22,4 Milliarden Euro beziehungsweise 551.000 Fahrzeugen. Mildhybride werden nicht durch eine externe Stromquelle aufgeladen, sondern über Kraftrückgewinnung. Der Verbrenner lädt also bei der Fahrt den Akku auf, der Elektromotor wird lediglich unterstützend eingesetzt. Mildhybride verzeichneten gegenüber 2020 ein Exportplus von 116,5 Prozent.
Das sind schöne Zahlen, die einen Aufwärtstrend signalisieren. Sehr schlecht sah es allerdings für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor aus. Diese Fahrzeuge stellten zwar auch 2021 den größten Teil der deutschen Pkw-Exporte. Aber die Tendenz ist auffallend rückläufig. Die Exporte sanken gegenüber 2020 um 18,9 Prozent, wenn man sich den Wert der Wagen ansieht. In Zahlen wurden 1,5 Millionen Fahrzeuge allein in den drei wichtigsten Hubraumklassen exportiert.
Deutsches Elektroauto vor allem in USA und Großbritannien gefragt
Das Gros der reinen Elektroautos ging 2021 mit 2,0 Milliarden Euro Wert in die USA. Als zweitgrößten Abnehmer für das Elektroauto aus Deutschland konnte Destatis das Vereinigte Königreich identifizieren, Fahrzeuge im Wert von 2,0 Milliarden Euro wurden hierher exportiert. Der drittwichtigste Markt befindet sich laut Destatis in Norwegen. Der Wert der nach Norwegen exportierten Elektroautos lag bei 1,5 Milliarden Euro.
Aber Deutschland exportiert nicht nur Elektroautos, sondern importiert auch. Aus den Vereinigten Staaten kamen Fahrzeuge im Wert von 1,2 Milliarden Euro in Deutschland an. Frankreich und Tschechien nahmen den zweiten und dritten Platz der Bezugsländer ein (Werte von 927 Millionen Euro und 806 Millionen Euro).
Produktion gebremst, Fokus auf Modellen mit hohen Gewinnspannen
Weltweit fehlen immer noch Halbleiter. Die Automobilindustrie wird nun schon länger von der Halbleiterkrise getrieben, und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Von dem Mangel an Halbleitern und der daraus resultierenden Knappheit an Halbleiterchips ist nicht nur die deutsche Automobilindustrie betroffen. Die Krise betrifft die unterschiedlichsten Branchen weltweit. In der Automobilindustrie wurden Produktionsstraßen gestoppt, Angestellte befinden sich immer noch in Kurzarbeit. So mancher Neuwagen bekommt wieder einen analogen Tachometer anstelle der digitalen Variante eingebaut. Verschiedene Hersteller verbauen weniger Assistenzsysteme bei den nicht ganz so margenträchtigen Modellen. Für den Export, das zeigen die Analysen von Destatis ebenfalls deutlich, sind vor allem die kostenintensiven Modelle der Elektroautos interessant.
Halbleiterchips sind immer noch Mangelware – werden aber im Elektroauto benötigt
Halbleiter sind deshalb so wichtig, weil sie Hauptbestandteil von Mikrochips sind. Diese Mikrochips werden in Steuergeräten für Antrieb und Fahr- oder Bremsverhalten benötigt. Auch die Airbags sowie die Assistenzsysteme moderner Wagen werden von diesen Chips gesteuert. Dabei bezeichnet der Begriff „Halbleiter“ einen Festkörper, dessen elektrischer Widerstand von der Temperatur abhängt. Konkret fungieren diese Halbleiter rund um den absoluten Temperaturnullpunkt herum als Isolatoren. Bei höheren Temperaturen sind sie dagegen elektrisch leitfähig. Silizium ist aufgrund der hervorragenden Verarbeitbarkeit der wichtigste Halbleiter. Es gibt keinen Ersatz für diese Materialien. Transistoren und Dioden sind Bauteile, die für elektronische Schaltungen, für analoge und digitale Schaltungen einfach benötigt werden.
Der Bedarf an Halbleitern ist nicht an das Elektroauto gebunden, sondern steigt durch die in allen Lebensbereichen immer wichtigere Mikroelektronik kontinuierlich an. Vor allem Europa und Asien treiben den Halbleitermarkt an. Für das Jahr 2022 prognostiziert die WSTS (World Semiconductor Trade Statistics) ein weltweites Marktwachstum um 8,8 Prozent. Die Angabe stammt aus dem November 2021. Derzeit fehlen Halbleiter, die Nachfrage ist groß. Halbleiter können nicht beliebig lange gelagert werden, sie haben ein Verfallsdatum. Und in der Vergangenheit gab es Versorgungsengpässe bei den Rohstoffen für die Halbleiter. Das ist unter anderem den geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China geschuldet.
Zu diesen beiden Problemen kam die Corona-Pandemie mit den Produktionsausfällen in der Automobilbranche. Elektroauto und Verbrenner waren gleichermaßen betroffen, die Halbleiter-Bestellungen wurden reduziert und storniert. Zeitgleich ging die Nachfrage nach Kommunikations- und Unterhaltungselektronik nach oben, diese Branche benötigte schnell mehr Chips. Und sie bekamen sie. Die Automobilindustrie verzeichnet seit der zweiten Hälfte 2020 weltweit wieder eine erhöhte Nachfrage, hat aber keine Chips zur Verfügung. Denn die Vorlaufzeit liegt für komplexe Chips bei sechs bis neun Monaten.
Mangel an Halbleiterchips hält noch mehrere Jahre an laut Unternehmensberatung Roland Berger
Da sich die Produktionskapazitäten im Bereich der Chips noch nicht wieder auf dem Vorkrisenniveau befinden, wird die Automobilbranche weiterhin Probleme haben, an Halbleiterchips zu kommen. Denn im dritten Quartal 2021 kam die Krise erst so richtig bei den europäischen Automobilzulieferern an. 42 Prozent der Zulieferer befinden sich laut PwC und Strategy& in einer finanziell engen Lage. Noch Mitte 2021 konnten Zulieferer und Autohersteller von Nachholeffekten und vor allem der steigenden Nachfrage beim Elektroauto profitieren. Jetzt sind steigende Rohstoff- und Energiepreise plus überhöhte Lagerbestände aufgrund des Chipmangels problematisch geworden.
Die Kapazitäten zur Fertigung größerer Mengen Chips sind nicht gegeben. Es werden zwar neue Produktionsstätten aufgebaut, aber die dienen der Herstellung der neuesten Chipgenerationen. Für die Automobilindustrie sind aber ältere Modelle wichtig. Die Hersteller Intel, Samsung und TSMC haben bereits angekündigt, dass sie ihre Kapazitäten aufstocken wollen. Bis das wirklich bemerkbar wird, dauert es aber einige Jahre. Samsung beispielsweise will bis 2030 insgesamt 151 Milliarden US-Dollar in die Produktion von Halbleitern fließen lassen, weiß Reuters. Destatis wird das in den Exporten an Elektroauto und Hybrid für die Jahre 2022 und 2023 voraussichtlich noch nicht sehen.
Nicht nur Ausfuhr unter Vorkrisenniveau, sondern auch Einfuhr
Deutschland exportiert nicht nur Elektroauto, Hybrid und Verbrenner, sondern importiert auch. Destatis hat die Zahlen für Im- und Exporte für die Jahre 2019 bis 2021 gegenübergestellt. Die Destatis-Analyse ergibt, dass sich auch die Importe noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau bewegen. Und die sind sogar zwischen 2020 und 2021 weiter gesunken.
Fazit: Globale Krisen beeinflussen Automobilindustrie massiv
Destatis zeigt in den Analysen deutlich, dass der Außenhandel mit Elektroauto und Hybrid stark wächst. Und das passiert trotz Krisen, Chipmangel und Produktionsstopps. Die Importe an Elektroautos stiegen in Deutschland, während die Importe an Verbrennern einen deutlichen Einbruch erlitten. Hinter der hohen Nachfrage nach Elektroauto und Hybrid stehen laut Destatis mehrere Ursachen. Aber eine, das scheint nach Destatis sicher, ist die hohe staatliche Förderung bei der Anschaffung eines Elektroautos oder Plug-in-Hybrids.