Die neue Ampel-Regierung ist vereidigt, Olaf Scholz ist 9. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Nun können sie beide mit ihrer Arbeit beginnen. Eines der vielleicht ambitioniertesten Ziele, das sich die Koalition aus Grün, Gelb und Rot auf die Fahnen geschrieben hat, ist es, das Elektroauto enorm zu fördern. Denn zum Stichtag 1. Juli 2021 waren es gerade einmal 440.000 Fahrzeuge vom Typ Elektroauto, die sich auf deutschen Straßen bewegten. Um diesen Kraftakt zu bewältigen, muss nicht allein das Elektroauto an sich finanzierbar und attraktiv gemacht werden. Vor allem gilt es, die für einen reibungslosen Betrieb nötige Infrastruktur aufzubauen. Und das kommt einer Herkulesaufgabe gleich.
Man müsse sich eben weitreichende Ziele setzen, um den nötigen Druck aufzubauen, diese auch zu erreichen. So lautet die Auffassung von SPD-Verkehrsexperte Detlef Müller, der bereits seit geraumer Zeit Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestags ist. Maßgeblich sei aber auch, mit welchen Eigenschaften die Hersteller ein Elektroauto in Zukunft anbieten werden. Dabei spielten die Faktoren Preis und Reichweite der Fahrzeuge eine gewichtige Rolle, erläutert Müller weiter.
Pläne in der Kritik
Kritik wird dabei aber bereits jetzt laut. Diese formuliert u. a. der Automobilexperte Ferdinand Düdenhöffer, der die Pläne der neuen Ampel-Regierung in Bezug aufs Elektroauto „kraftlos“ nennt.
Ab 2025 sollen gemäß dem Koalitionsvertrag E-Autos nicht mehr begünstigt werden, bemängelt Dudenhöffer. Dazu würden Benzin- und Diesel-Fahrzeuge in keiner Weise eingeschränkt. Eine solche Vorgehensweise werde nicht zum Ziel der 15 Millionen Elektroautos führen, befürchtet der Experte.
Für die nächsten neun Jahre müsste bei gleichbleibender Nachfrage jeder zweite Neuwagen über einen Elektroantrieb verfügen. Zu erwarten wäre aber ein Run auf die letzten Verbrennermodelle, wenn deren Verbot kurz bevorstehen wird. Der Verweis auf die immense Nachfrage nach herkömmlichen Glühlampen, bevor diese innerhalb der EU verboten wurden, gilt dabei als ein mahnendes wie abschreckendes Beispiel. Doch wie ließe sich dieser Effekt beim anstehenden Verbot von Verbrennerantrieben verhindern?
Kernpunkt ist das Netz der Ladesäulen
Dafür müssten mehrere Faktoren erfüllt werden bzw. sogar erhalten bleiben. Ein Elektroauto wird derzeit mit 6.000 Euro vom Staat und mit 3.000 Euro vom Hersteller subventioniert. Zumindest die Unterstützung seitens des Staates aber will die Ampel-Regierung schon ab Ende des nächsten Jahres peu à peu verringern.
Elektroautos werden dennoch günstiger werden, vermutet Stefan Möller, der Geschäftsführer des größten Vermieters von Elektroautos Deutschlands. Denn die Verringerung der Subvention werde gleichzeitig mit der Weiterentwicklung seitens der Hersteller geschehen, sodass sich diese beiden Effekte nicht nur aufheben, sondern eine weitere Vergünstigung der Anschaffung wahrscheinlich ist. Zudem werde die stetig steigende Reichweite der Fahrzeuge diesen Malus immer irrelevanter machen, ist sich Möller sicher.
Einer der entscheidenden Punkte für die Attraktivität von Fahrzeugen mit Elektromotor sei die ausreichende Verfügbarkeit von sogenannten Schnell-Ladesäulen. Diese laden ein Fahrzeug in etwa einer halben Stunde komplett auf. Beim normalen Laden dauert dieser Vorgang quasi eine ganze Nacht, nämlich sieben Stunden. Das ist nur für all jene eine Option, die ihr Fahrzeug entweder zu Hause oder beim Arbeitgeber aufladen können.
Ein weiterer Aspekt ist die aktuell sehr geringe Zahl der Ladesäulen. Bundesweit sind es etwa 45.000. Genauso, wie die Zahl der Elektroautos insgesamt vervielfacht werden soll, strebt die Ampel-Regierung dies aber auch für die Ladesäulen an. Deren Zahl soll bis 2030 auf eine Million gesteigert werden, davon der größte Teil Schnell-Ladesäulen. Problematisch für dieses Vorhaben ist allerdings, dass dafür umfangreich neue Stromkabel verlegt werden müssen, bis in die letzte Straße hinein. Die gegenwärtig existierenden Verteilernetze reichen dafür nicht aus. Ein sowohl finanziell als auch vom zeitlichen Aspekt her nicht zu unterschätzender Aufwand, vor dem die Pläne der Ampel-Regierung also stehen.
Nachhaltige Energiequellen nicht ausreichend gefördert
Bliebe jener Punkt, für den die neue Regierung diesen ganzen Umbau der Autoflotte in Deutschland überhaupt in Angriff nimmt: Um die den Klimawandel befeuernden Emissionen zu senken bzw. langfristig auf Null zu bringen. Doch dafür muss der Strom, mit dem ein Elektroauto angetrieben wird, natürlich auch umweltfreundlich erzeugt werden. Und hier liegt die wohl größte Schwierigkeit dabei, bis zum Jahr 2030 15 Millionen Fahrzeuge umweltfreundlich betreiben zu können. Denn Deutschland steht vor dem Ende der Atomkraft und der Kohleverstromung. Ersatz in Form von umweltfreundlichen Energiequellen wie Wind-, Wasser- und Solarkraft aber wird zumindest aktuell nicht im benötigten Maße ausgebaut.
Fazit zur Entwicklung und Förderung des Elektroautos unter der Ampel-Regierung
Die Ziele der neuen Ampel-Regierung sind hehr, doch gleich mehrere Hindernisse stehen dem Erreichen von 15 Millionen Elektroautos in Deutschland bis 2030 im Wege. Dabei sind Reichweite und Preis die geringeren Probleme im Vergleich zum Ausbau des Netzes der Ladesäulen sowie überhaupt der Verfügbarkeit von umweltfreundlicher Energie. Hier muss die Ampel-Regierung vor allem ansetzen, um ihr Ziel zu erreichen.