Innovationsprämie für E-Autos statt Stopp für den Verbrenner
SPD-Kanzler Olaf Scholz: „Die Ampel ist fix. Unser Ziel ist das erste Bündnis von Rot, Grün und Gelb auf Bundesebene zu führen. Es geht uns nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern der großen Wirkung.“ Das bedeutet in diesem Kontext auch, dass sich die drei Parteien im Koalitionsvertrag nicht auf ein Enddatum für die Verbrennungsmotoren geeinigt haben. Stattdessen läuft die Innovationsprämie weiter, ebenso wie die Reform der E-Auto-Förderung.
15 Millionen E-Autos bis 2030
Mit der E-Auto-Subvention soll auch das ehrgeizige Ziel, bis 2030 mindestens 15 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen, erreicht werden. In dieser Zahl werden die Plug-in-Hybride bewusst nicht mit einbezogen. Allerdings zählt die neue Regierung die Autos mit einer Brennstoffzelle zu den genannten Millionen hinzu. Der Grund: Auch diese fahren rein elektrisch.
Im Kontrakt der drei Parteien heißt es: „Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovationsstandort für autonomes Fahren und beschleunigen massiv den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur.“
Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur
Im Vertrag von Rot, Grün und Gelb kommt dem Ausbau der Ladeinfrastruktur ein großes Augenmerk zu. Hier heißt es: „Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss dem Bedarf vorausgehen“. Das bedeutet, es muss immer mehr öffentliche Ladestationen geben, als die E-Autos gesamt in Deutschland benötigen. Damit bleibt die Ladeinfrastruktur in der BRD der rasanten Entwicklung der Verkaufszahlen bei E-Autos immer einen Schritt voraus.
Man wolle, so die neue Regierung, an der Zahl 1 Million Ladepunkte bis 2030 der Vorgängerregierung als realistisches Ziel festhalten, ergänzt hier aber um den Schwerpunkt „Schnellladeinfrastruktur“. Der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur soll schnell und effizient und vor allem über Ressortgrenzen hinweg geplant und ausgeführt werden. Die soziale und geplante Handschrift der neuen Regierung lässt sich unter anderem daran erkennen: „Wo wettbewerbliche Lösungen nicht greifen, werden wir mit Versorgungsauflagen, wo baulich möglich, die verlässliche Erreichbarkeit von Ladepunkten herstellen“.
Kurz gesagt: Wenn ein Unternehmen die Versorgung nicht sicherstellt, springt der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger ein. Man wolle in diesem Zusammenhang auch die Genehmigungsprozesse vereinfachen und Netzanschlussbedingungen abbauen.
Masterplan Ladeinfrastruktur
„Wir werden den Masterplan Ladeinfrastruktur zügig überarbeiten und darin notwendige Maßnahmen aus den Bereichen Bau, Energie und Verkehr bündeln sowie einen Schwerpunkt auf kommunale Vernetzung der Lösungen legen“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Genauer auf die Maßnahmen angesprochen erklärt die neue Regierung, man werde bidirektionales Laden ermöglichen sowie für transparente Strompreise und einen öffentlich einsehbaren Belegstatus sorgen. Beim bidirektionalen Laden wird es über hochwertige Wallboxen möglich sein, nicht nur Strom in den Akku eines E-Autos zu laden, sondern von diesem wieder Strom in das Hausnetz zurückzuspeisen. Das macht jedes E-Auto zu einer fahrenden (Not-)Stromversorgungs- und Speichereinheit.
Produktions- und Entwicklungsförderungen für Konzerne und KMUs
Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind die Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU). Damit nicht nur die Großkonzerne von der E-Transformation profitieren, soll dieser Wandel „durch gezielte Clusterförderungen“ in den Automobilregionen verwirklicht werden. Dabei gilt es laut der Regierung, Vorzeigeprojekte wie jenes für die Europäische Batterieförderung voranzutreiben.
Nicht nur die Produktion (z. B. Zellproduktion) soll im Bereich der E-Mobilität angetrieben werden, sondern auch die Wiederverwertung in spezifischen Recyclingvorhaben ist laut der Regierung „von zentraler Bedeutung“. Dabei werden auch öffentliche Gelder in die Forschung kommender Akku-Generationen gesteckt.
„Wir wollen die auf Bundesebene bestehenden Kooperations- und Dialogformate im Bereich Automobilwirtschaft in einer Strategieplattform ‚Transformation Automobilwirtschaft‘ mit der Mobilitätswirtschaft, den Umwelt- und Verkehrsverbänden, Sozialpartnern, der Wissenschaft, dem Bundestag, den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zusammen mit den zuständigen Bundesressorts bündeln, um das Ziel der Klimaneutralität, der Wertschöpfung sowie der Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern“, lautet der etwas sperrige Wortlaut im Koalitionsvertrag.
Das bedeutet, unter dem Dach von „Transformation Automobilwirtschaft“ kommen alle, die irgendwo Kompetenz in Sachen E-Mobilität aufweisen, zusammen und arbeiten an einer positiven Mobilitätszukunft für uns alle.
Vergeblich gesucht – ein Enddatum für den Verbrenner
Speziell die wirtschaftsfreundliche und liberale FDP hat sich gegen ein klares Datum für das Aus des Verbrenners ausgesprochen. Der SPD war dieser Punkt weniger wichtig. Die Grünen sprachen sich zwar für 2030 als Deadline aus (5 Jahre früher als die EU), konnten sich aber innerhalb der Koalition nicht durchsetzen. Dennoch fand folgender Satz im Vertrag: „Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus“. Neben den Flottengrenzwerten werde man bei neu zugelassenen Fahrzeugen darauf achten, dass „nachweisbar E-Fuels“ verwenden.
E-Auto-Kaufprämie gilt bis zum 31. Dezember 2022
Hat sich die FDP beim schwammigen Enddatum für den Verbrenner durchgesetzt, behielten die Grünen sowie die SPD bei der Innovationsprämie, also der E-Auto-Kaufprämie, die Nase vorn. „Insbesondere aufgrund bestehender Auslieferungsschwierigkeiten der Hersteller bei bereits bestellten Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen werden wir die Innovationsprämie zur Unterstützung der Anschaffung elektrischer Pkw unverändert nach der bisherigen Regelung bis zum 31. Dezember 2022 fortführen“, so die drei Parteien.
Nach diesem Datum, genauer ab dem 1. Januar 2023, soll die Förderung der E-Autos in Deutschland reformiert werden. Geht es nach den Plänen der Regierung, werden dann nur noch Fahrzeuge gefördert, „die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben, der nur über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert wird“. Diese Reichweite wurde schon niedergeschrieben und beläuft sich ab dem 1. August 2023 auf 80 Kilometer.
Ob die Höhe der Fördergelder angepasst werden, steht noch nicht fest. Wichtig: Jene Innovationsprämie, die den staatlichen Anteil am Umweltbonus verdoppelt, wird wohl nicht über das Jahr 2025 hinaus verlängert.
Die Ampelkoalition hat aber auch die Plug-in-Hybride nicht vergessen. Hier soll es zu einer Änderung bei der Dienstwagensteuer kommen. Der elektrische Fahranteil soll erhöht werden. Dabei sollen die PHEV (plug-in hybrid electric vehicle) privilegiert werden, wenn das Fahrzeug zu mehr als 50 % elektrisch gefahren wird. Liegt der Prozentsatz unter den 50, wird die Regelbesteuerung von 1 % greifen.
Wasserstoff als Teil einer nachhaltigen Mobilität
Wasserstoff wird durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Die Produktion von Wasserstoff soll sich laut der Ampel deutlich erhöhen. Ein Mittel dafür wird die Förderung durch die öffentliche Hand sein. Auch wenn in diesem Teil des Kontraktes die Mobilität selbst nicht direkt in Bezug gesetzt wird, kann man einiges aus der folgenden Passage herauslesen: „Wir wollen den Einsatz von Wasserstoff nicht auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzen. Grüner Wasserstoff sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen es nicht möglich ist, Verfahren und Prozesse durch eine direkte Elektrifizierung auf Treibhausgasneutralität umzustellen“.
Damit die Wasserstoffpläne sowie die Elektrifizierung gut und sauber gestaltet werden können, ist das sogenannte Erneuerbaren-Ziel auf 80 % des dann erhöhten Strombedarfs (brutto) von 680 bis 750 TWh im Jahr 2030 festgelegt worden.
Dazu heißt es im Koalitionsvertrag: „Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter, auch, indem wir den Kohleausstieg idealerweise auf 2030 vorziehen und die Technologie des Verbrennungsmotors hinter uns lassen“.
Leider könnte die Formulierung „idealerweise“ hier die Krux sein. Das bedeutet, wird das Ziel nicht eingehalten (aus welchen Gründen auch immer), lief einfach irgendetwas nicht „idealerweise“. Es ist das berühmt-berüchtigte politische Hintertürchen.
Wichtige Mobilitätsziele abseits der E-Mobilität
Blicken wir gemeinsam mit der neuen Regierung über den elektrischen Tellerrand. Es wurden Pläne formuliert, den Schienenverkehr auszubauen. Dabei soll die Verkehrsleistung speziell im Personenverkehr quasi verdoppelt werden.
Zur langfristigen Strategie einer immer umweltfreundlicheren Individualmobilität gehören digitale Mobilitätsdienste, besondere Mobilitätslösungen sowie das Carsharing. Auch das vernetze und darauf aufbauend das autonome Fahren sind Teile der Einbindung dieser Fortbewegungsarten in den öffentlichen Verkehr.
Neue Busse werden weiterhin gefördert. Dies hat das Ziel, dass nicht nur diese, sondern auch deren Infrastruktur schnellstmöglich klimaneutral werden.
Fazit
Was die große Koalition in den vergangenen Jahren (speziell und dem ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer) teilweise verbummelt hat, will die Ampel laut ihrem Koalitionsvertrag in Sachen E-Mobilität aufholen. Auch wenn sich in einigen entscheidenden Punkten die wirtschaftsliberale FDP durchgesetzt hat, ist viel vom nachhaltigen und umweltschonenden Geist der E-Mobilität in dem Kontrakt zu finden.