Elektromobilität ist die Zukunft – aber noch werden Ingenieure, Maschinenbauer und Maschinenschlosser in der Fahrzeugtechnik in erster Linie mit Blick auf Verbrennungsmotoren ausgebildet. Macht das Sinn? Solange es noch Verbrenner auf den Straßen gibt, werden diese Ausbildungsgänge benötigt. So manche Universität und Hochschule hat allerdings schon die Zeichen der Zeit erkannt und bietet ein Studium der Elektromobilität und/oder der regenerativen Energien an.
Regelstudienzeit, begrenzte Anzahl Studienplätze, enge Voraussetzungen – wie gehabt
So revolutionär ein Studium Elektromobilität klingt, so herkömmlich sind die Strukturen an den Hochschulen. Die Regelstudienzeit liegt mit sieben Semestern im Schnitt, angeboten wird als erster Abschluss der Bachelor of Engineering (B. Eng.). Es handelt sich also um einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang. Die (Fach-)Hochschule setzt voraus, dass Abitur oder Fachhochschulreife vorhanden sind.
Wer nach dem Bachelor noch nicht genug hat, kann sich für ein Master-Studium eintragen. Der Master Elektromobilität und Energienetze ist auf drei Semester angelegt und geht mit 90 ECTS-Credits einher. Am Ende steht der Abschluss Master of Science (kurz M. Sc.). Voraussetzung für das Master-Studium ist ein Bachelor-Abschluss in einem verwandten Studienfach.
Universität oder Hochschule: Wo bietet das Studium was genau?
Natürlich unterscheiden sich die genauen Inhalte eines Studiums der Elektromobilität zwischen den einzelnen Hochschulen und Universitäten. Jede Einrichtung hat eigene Schwerpunkte, die sich aus Synergien mit der lokalen Wirtschaft und aus den Forschungsschwerpunkten und Erfahrungen der Dozierenden ergeben. Aber es gibt noch einen wichtigen Unterschied.
Die Universität setzt für den Zugang zum Studium die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung voraus, also das Abitur. Die Hochschulen dagegen richten sich zusätzlich an angehende Studierende mit Fachhochschulreife. Fachhochschulreife bedeutet, dass die Hochschulreife nicht im Rahmen eines allgemeinen Abiturs erlangt wurde, sondern dass die Hochschulreife fachlich gebunden ist. In den letzten beiden Schuljahren vor dem Fachabitur sind die Schüler und Schülerinnen auch in Werkstätten und Laboren praktisch beschäftigt und bekommen einen sehr konkreten, praxisnahen Zugang zu ihren späteren Berufen. Das setzt die Hochschule im Studium fort, während die Universität eher wissenschaftlich orientiert ist. Man könnte hier boshaft auch von einem Bücherstudium sprechen.
Wer also eine ganz praktische Ader hat, gerne anpackt und die Zusammenhänge nicht nur mit dem Kopf verstehen will, sondern das Gelernte auch gerne in der Praxis umsetzt, der ist an einer Hochschule vermutlich besser aufgehoben als an einer Universität.
Früher war auch der Abschluss unterschiedlich: Die Hochschule verließ man in der Regel mit einem Diplom (der Dipl. Ing. ist auch heute noch bekannt), die Universität mit einem Magister. Im Rahmen der Bologna-Reform wurde das alles vereinheitlicht. An den meisten Hochschulen wie Universitäten wird das Grundstudium mit dem Bachelor (B. Eng. oder B. Sc.) abgeschlossen, darauf baut ein Master (M. Sc.) auf. Die Begriffe sind dem englischen Sprachgebrauch entlehnt, der B. Eng. ist ein Bachelor of Engineering, der B. Sc. ein Bachelor of Science. Auch beim Master steht das Sc. für Science.
Elektromobilität an sechs Standorten in Deutschland vertreten
Gleich mehrere Hochschulen und Universitäten bieten Elektromobilität als Studium an:
- Hochschule Ravensburg-Weingarten (University of Applied Sciences): Elektromobilität und Regenerative Energien (B. Eng.)
- Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg: Elektromobilität und Energienetze (M. Sc.)
- Technische Universität Chemnitz: Elektromobilität (B. Sc., M. Sc.)
- Berliner Hochschule für Technik: Elektromobilität (B. Eng.)
- Technische Hochschule Brandenburg: Elektromobilität (B. Eng.)
- Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig: Elektromobilität (B. Sc., M. Sc.)
- Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg: Elektromobilität (B. Sc., M. Sc.)
- Universität Stuttgart: Elektromobilität (M. Sc.)
Wie sieht das Studium Elektromobilität nun an den verschiedenen Hochschulen aus?
Hochschule Ravensburg-Weingarten:
Die Hochschule Ravensburg-Weingarten gibt eine Regelstudienzeit von sieben Semestern an, darin ist ein Praxissemester enthalten. Angeboten werden nur 15 Studienplätze, das Studium kann ausschließlich zum Wintersemester aufgenommen werden. Wer zum Sommersemester beginnt, wird die ersten vier Semester auf Englisch studieren. Eine Online-Studienberatung und Schnuppertage mit Besuch des E-Mobility-Labors sollen angehenden Studierenden die Entscheidung zum Studium erleichtern. Das Grundstudium vermittelt in drei Semestern die Grundlagen der Elektro- und Fahrzeugtechnik. Erst danach entscheiden sich die Studierenden für einen Schwerpunkt. Während der folgenden Semester vertiefen sie ihr Wissen in Elektromobilität oder regenerativen Energien. Das Praxissemester findet während des fünften Semesters statt, in dieser Zeit arbeiten die Studierenden in den regionalen Unternehmen an aktuellen Projekten mit. Inhalte des Studiums sind Elektrotechnik, Physik, Programmieren, Digitaltechnik, Mathematik, Messtechnik und Maschinenkonstruktion, Werkstoffkunde, Robotik, Professional English und vieles mehr.
Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg:
Der M. Sc. wird in drei Semestern erworben, Studienbeginn ist wahlweise zum Wintersemester oder zum Sommersemester. Voraussetzung für das Studium ist der Bachelor oder ein Diplom in einem verwandten Studiengang. Das wissenschaftliche Vertiefungsstudium vermittelt ein tieferes Verständnis der Grundlagen und befasst sich damit, wie elektrische Energie in Zukunft verteilt und gespeichert, abgerechnet und kommuniziert werden kann. Ein Schwerpunkt liegt von der Umsetzung elektrischer in mechanische Leistung sowie die Herausforderungen, die das birgt. Die sieben Pflicht-, drei Vertiefungs- und die Wahlpflichtmodule kommen unter anderem aus den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, theoretische Elektrotechnik, Leistungselektronik und Energiespeicher, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Statistik und numerische Mathematik. Im Studium muss eine Projektarbeit angefertigt werden.
Technische Universität Chemnitz:
Das Studium kann sowohl für den B. Sc. als auch für den M. Sc. jeweils zum Wintersemester aufgenommen werden. Das Bachelor-Studium ist auf sechs Semester angelegt und vermittelt mathematisch-physikalische Grundlagen, die elektro- und informationstechnischen Grundlagen, Werkstofftechnik und Mechanik. Im Vertiefungsstudium (5. und 6. Semester) geht es dann um elektromagnetische Energiewandler, um elektrische Antriebe, Leistungselektronik und mehr. Zusatzwissen aus der Betriebswirtschaftslehre, Elektroenergiewirtschaft und anderen Randbereichen wird vermittelt. Optional kann im sechsten Semester ein achtwöchiges Praktikum absolviert werden.
Berliner Hochschule für Technik:
Das Bachelor-Studium ist auf sieben Semester angelegt und wird zum Wintersemester aufgenommen. Es ist über einen NC zugangsbeschränkt. Die Module des Studiums decken Elektrotechnik und Mathematik, Digitaltechnik und Programmierung sowie Energiespeichersysteme, Antriebstechnik, Steuergeräte und mehr ab.
Technische Hochschule Brandenburg:
An der Technischen Hochschule Brandenburg wird das Studium zum Wintersemester aufgenommen. Es findet in Vollzeit oder dual statt und dauert sieben Semester. Einen NC gibt es nicht. Die Module decken schon im ersten Semester Chemie und Werkstoffe, Elektrotechnik, Fertigungstechnik und Informatik ab. Dazu kommt Ingenieursmathematik. Konstruktion und Mechanik, Schaltungen und Steuerungstechnik kommen später hinzu.
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig:
In Braunschweig wird der M. Sc. in vier Semestern erworben. Die Universität bietet den Studienbeginn wahlweise zum Wintersemester oder zum Sommersemester an. Um die beruflichen Aussichten der Studierenden zu verbessern, kann ein Auslandsstudium an Partneruniversitäten und Hochschulen in Nord- oder Südamerika, Asien oder einem anderen europäischen Land organisiert werden. Drei thematische Ausrichtungen bestimmen den Inhalt des Studiums: elektrische Systeme, Fahrzeugtechnik und Energiespeicher & Infrastruktur.
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg:
Auch in Magdeburg dauert das Studium vier Semester. Die Universität bietet den Studienbeginn (kein NC) wahlweise zum Winter- oder zum Sommersemester an. Der Abschluss M. Sc. setzt einen berufsqualifizierenden Abschluss in den Studiengängen Elektrotechnik, Maschinenbau oder Informatik voraus. Die Inhalte des Studiums sind relativ flexibel, der Wahlanteil an den Modulen ist hoch.
Universität Stuttgart:
An der Universität Stuttgart beginnt das Studium (M. Sc.) Elektromobilität zum Winter- oder zum Sommersemester und dauert vier Semester. Die Inhalte kommen aus den Bereichen Elektrotechnik und Informationstechnik sowie Informatik, Verkehr- und Straßenwesen, Navigation, Energiewirtschaft und mehr. Auch die Universität Stuttgart bemüht sich, den Master-Studierenden einen Auslandsaufenthalt zu Studienzwecken zu ermöglichen. Die entsprechenden Beziehungen zu ausländischen Universitäten und Hochschulen werden unterhalten.
Fazit: Ein Studium, viele Möglichkeiten!
Ob Hochschule oder Universität, praktische Herangehensweise oder ein eher wissenschaftlich orientiertes Studium: In Sachen Elektromobilität ist in Deutschland viel möglich. Zahlreiche Hochschulen und Universitäten bieten den Studiengang mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten an. Bevor man sich für einen Studienort entscheidet, sollte man sich allerdings die genaue Ausrichtung des Studiums und die verpflichtenden Module ansehen. Denn Elektromobilität ist nicht gleich Elektromobilität.