Bei der Installation und dem Betrieb von Ladestationen für E-Autos sind neben Eigentümern oft auch Mieter, die potenziellen Nutzer und die Allgemeinheit beteiligt. Dabei treffen verschiedene Interessen aufeinander, die vor Gericht gelöst werden müssen, wenn kein Einvernehmen hergestellt werden kann. Diese Entscheide sind als Präzedenzfälle weit über den Kreis der unmittelbar Beteiligten von Interesse, wenn Fragen zur Zulässigkeit von Installationen aufkommen. Beklagte Parteien sind oft öffentliche Körperschaften, die Entscheidungen über zulässige Ladeinfrastruktur und ihre Verwendung zu treffen haben. Wir stellen Ihnen einige solcher Fälle und die bisher ergangenen Urteile vor.
Die Auswahl des Anbieters einer Wallbox
Seit dem 1. Dezember 2020 besteht ein Rechtsanspruch auf den Einbau einer Lademöglichkeit auf einem privaten Parkplatz oder in einer privaten Garage.
Die Kläger wollten eine Wallbox eigener Wahl im von ihnen bewohnten Mietshaus einbauen lassen. Der Einbau dieser Wallbox wäre technisch eindeutig möglich gewesen, allerdings nur für eine Minderheit der Mieter. Die Wahl der Kläger war auf diese Wallbox gefallen, weil sie geringere Kosten verursacht hätte, als die vom Vermieter vorgesehene Lösung.
Der beklagte Vermieter bestand auf dem Einbau einer teureren Ladestation durch den städtischen Versorger. Nur dieser könnte durch entsprechende technische Maßnahmen eine Überlastung des Stromnetzes sicherstellen, sollten auch andere Mieter eine solche Ladestation einbauen wollen.
Das Amtsgericht München gab dem Beklagten in seinem Urteil vom 1. September 2021 mit dem Urteil der Aktenzahl 416 C 6002/21 Recht. Das Gericht sah es als zulässig an, die Gleichbehandlung aller Mieter anzustreben und deshalb auf einer Lösung zu bestehen, die für alle Mieter einen technisch möglichen Weg darstellt.
Das Gericht verwarf also die Begründung der Position der Kläger, ihre ausgewählte Wallbox sei technisch unproblematisch und der Einbau weiterer Ladestationen betreffe sie nicht. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil die Kläger dagegen Berufung eingelegt haben.
https://efahrer.chip.de/news/e-auto-laden-fuer-mieter-gericht-faellt-wichtiges-wallbox-urteil_106335
Verlegung des Ladekabels über einen Gehweg
Der Kläger wollte eine Sondernutzungserlaubnis, um Ladekabel von seinem Stromanschluss über einen Gehweg zu seinem geparkten E-Auto zu verlegen. Dafür hätte er den Einsatz von Kabelbrücken vorgesehen, um den Gehweg auch während seines Ladevorgangs benutzbar zu halten.
Die beklagte Stadt Oberursel sah in den Kabelbrücken Stolperfallen, die eine gefahrlose Benützung des Gehwegs für Fußgänger nicht gewährleisten könnten und lehnte den Antrag auf eine Sondernutzungserlaubnis ab.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gab der Stadt Oberursel als beklagter Partei recht.
Die Rechtslage räume der Stadt einen Ermessensspielraum ein, ob der Gehweg mit Kabelbrücken hinreichend gut benutzbar wäre oder nicht. Deswegen könne kein Rechtsanspruch geltend gemacht werden, die Ladekabel über den Gehweg für mehrere Stunden zu verlegen. Insbesondere Rollstuhlfahrer und andere Gehbehinderte wären an der gefahrlosen Benutzung des Gehwegs auf diese Weise gehindert.
https://ecomento.de/2022/03/31/gericht-frankfurt-elektroauto-ladekabel-auf-gehweg-nicht-erlaubt/
Auswirkung einer Ladestation vor einem Geschäft auf die zulässigen Öffnungszeiten
Dieser Fall betrifft einen Versuch, mit der Einrichtung einer Ladestation für ein Geschäft eine Ausnahmeregelung zu begründen.
Die Klägerin betreibt einen Supermarkt und bietet auf dem Parkplatz des Geschäfts eine kostenlose Ladestation für Kunden an, die mit einem E-Auto zum Einkaufen kommen. Für Tankstellen gibt es eine Ausnahmeregelung vom Ladenöffnungsgesetz, aufgrund der sie im Gegensatz zu anderen Geschäften auch an Sonn- und Feiertage offen halten dürfen. Die Klägerin wollte diese Ausnahmeregelung für ihren Supermarkt in Anspruch nehmen und der Ladestation wegen ihren Kunden auch eine Sonn- und Feiertagsöffnung anbieten.
Von der beklagten Partei, dem Bezirksamt, wurde dieser Antrag abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Berlin folgte der Rechtsauffassung des Bezirksamts und wies die Klage ab.
Die Klägern hätte nicht glaubhaft machen können, dass die Lademöglichkeit für E-Autos gewerblich angeboten werde. Der Ansicht des Gerichts nach sei sie nur eine Nebenleistung, die hauptsächlich der Kundenbindung des Supermarkts diene.
Das Recht auf Parken eines E-Autos in einer Tiefgarage
Der Kläger ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und wollte sein E-Auto in der Tiefgarage des Mehrparteienhauses parken, wo sich eine Ladestation befindet. Die Erlaubnis dazu wurde ihm von der WEG als beklagter Partei verweigert und zwar mit dem Hinweis auf eine angeblich höhere Brandgefahr eines E-Autos und eine damit einhergehende Gefährdung aller Hausbewohner.
Das Amtsgericht Wiesbaden gab dem Kläger recht und hob die Verweigerung der Parkerlaubnis durch die WEG auf. Diese verstoße gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und verhindere den nicht abdingbaren Anspruch auf eine Lademöglichkeit, die seit dem 1. Dezember 2020 besteht. Dieser Anspruch bestehe nach dem Gerichtsentscheid auch dann, wenn tatsächlich eine erhöhte Brandgefahr von E-Autos ausgehen sollte.
In diesem Zusammenhang sollten wir darauf hinweisen, dass diese angeblich erhöhte Gefahr nicht besteht. Statistiken aus den USA und auch aus Europa zeigen, dass die Brandgefahr für ein E-Auto sogar geringer ist als für ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Ihre Wahrnehmung dieses Verhältnisses mag diesen Zahlen deshalb nicht entsprechen, weil Brände von E-Autos in der Berichterstattung von Medien eine größere Aufmerksamkeit erhalten.
https://ecomento.de/2022/02/25/urteil-parkverbot-fuer-elektrischen-pkw-in-tiefgarage-unzulaessig/
Die Geräuschbelastung durch E-Autos
Die weitgehend geräuschlose Fahrweise von E-Autos gehört an sich zu den großen Vorteilen dieses Fahrzeugtyps. Bei langsamem Fahren in der Stadt gibt es sogar die Sorge, der lautlose Betrieb könne eine Gefahr für Kinder oder Menschen mit Sehbehinderung darstellen. Der folgende Fall zeigt, dass auch E-Autos eine zu hohe Geräuschentwicklung entfalten können.
Die Klägerin besitzt ein Grundstück, das sich zwischen zwei hauptsächlich als Wohngebäude genutzten Objekten befindet. Auf diesem Grund wollte sie einen Parkplatz für E-Autos mit Lademöglichkeit einrichten. Sie argumentierte, dass sich auf diesem Grundstück früher eine Autowerkstatt befunden habe und deshalb keine Ruhezone geltend gemacht werden könne.
Das Bezirksamt als beklagte Partei hat die Einrichtung dieses Parkplatzes verboten. Das Verwaltungsgericht Berlin gab der beklagten Partei mit seinem Spruch unter dem Aktenzeichen VG 13 K 184/19 Recht.
Die Einrichtung des Parkplatzes verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme auf die Bewohner der angrenzenden Häuser. Nach einem vom Gericht beauftragten Gutachten überschreiten die Geräusche durch das Zuklappen der Kofferraumklappen und das Schließen der Türen die zur Nachtzeit gültigen Grenzwerte.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil die Klägerin beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Berufung einlegen kann.
Zusammenfassung
Diese erst vor Kurzem ergangenen und zum Teil noch nicht rechtskräftigen Urteile vermitteln einen ersten Eindruck davon, wie Konflikte um die Ladeinfrastruktur ausjudiziert werden. Wie in jedem Bereich mögen sie sich nicht immer mit Ihrem persönlichen Rechtsempfinden decken. Es ist aber auf jeden Fall sinnvoll, vor eigenen Installationsschritten die entsprechenden Urteile zu berücksichtigen.