Laut einer Pressemitteilung des Bundesverbands eMobilität e.V. (BEM) leidet die Elektromobilität in der Bundesrepublik derzeit an enormen Informationslücken. So gibt es nur wenig verlässliche Daten über die derzeit genutzten Elektrofahrzeuge. Dies macht eine Analyse und die Weiterentwicklung der Elektromobilität in Deutschland jedoch schwierig. Daher rät der BEM zum Ausbau der Datenplattformen MDS und MDM, um eine bessere Vernetzung zwischen den einzelnen Akteuren im Bereich Elektromobilität herzustellen, und mehr nutzbare Datensätze generieren zu können, die Aufschluss über deutsche E-Autos geben können.
Welche Informationslücken weist die Elektromobilität in Deutschland auf?
Bis zum Jahr 2030 sollen in Deutschland ca. 15 Millionen E-Autos zugelassen werden. Dadurch soll das Ziel der Klimaneutralität von der Bundesregierung verwirklicht werden. Dafür benötigt der Bund allerdings Informationen über die Nutzung der Elektroautos im Land und deren tatsächliche Auswirkung auf die Umwelt. Aktuell kann z. B. das Kraftfahrtbundesamt keine Aussagen über die Ladekapazität der Batterien in E-Fahrzeugen machen. Auch über Speicherpotentiale von Strom, den tatsächlichen Energiebedarf sowie Last- und Bedarfsspitzen der zugelassenen emissionsfreien Autos ist keine Aussage möglich, da keinerlei Informationen vorliegen, die diese untermauern könnten. Es gibt also praktisch keine realen Daten über die Fahrzeuge, welche mit Hilfe von erneuerbaren Energien betrieben werden.
Solange Deutschland derartige Informationslücken zum tatsächlichen Stand der Elektromobilität im Land aufweist, ist jedoch auch eine sinnvolle Planung im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen sehr schwierig.
Was würde sich durch eine höhere Informationsdichte bezüglich der Elektromobilität verändern?
Besonders für die Wirtschaft sind verlässliche und aussagekräftige Daten zur Nutzung von E-Autos enorm wichtig. Diese werden von Autoherstellern, Werkstätten und auch den Anbietern von Mietautos benötigt, um ihr Geschäft entsprechend skalieren zu können. Beispielsweise können E-Autos in einer freien Werkstätte nur dann gewartet oder repariert werden, wenn der Datenzugang durch den Originalhersteller des Fahrzeugs freigegeben wurde. Auch bei der Erstellung von Verkehrsprognosen müssen die Herstellerdaten mit den zugelassenen Fahrzeugen kompatibel sein. Besonders wichtig ist für die Entwicklung der Elektromobilität und den erfolgreichen Ausbau der Ladeinfrastruktur die Entwicklung einer „intelligenten“ Ladesäule. Diese könnte den Autofahrer bereits vor dem „Check In“ darüber informieren, ob dort gerade getankt wird, ob es sich bei der Energieressource um Ökostrom handelt und wie lange die Aufladung an dieser Säule vermutlich dauern wird, beziehungsweise wie viel Energie aufgeladen werden kann.
Der BEM ist ein 2009 gegründeter Zusammenschluss von Akteuren aus verschiedenen Unternehmen und Institutionen sowie Wissenschaft und Forschung, die sich dafür einsetzen, die Elektromobilität in Deutschland voranzubringen. Der BEM unterstützt, vernetzt und verbessert die Bedingungen in Gesetzgebung und Wirtschaft für die Entwicklung und Umsetzung sinnvoller Lösungen bei der Umstellung der Mobilität im Land auf nachhaltige Ressourcen und Energiequellen. Auch hier ist man der Ansicht, dass der intelligente Datenaustausch vor allem an der Schnittstelle zwischen Ladepunkt und E-Fahrzeug verbessert werden soll, um eine wirklich funktionierende und flächendeckende Elektromobilität zu ermöglichen. Es müssten deshalb neue datenschutzkonforme und interoperable Datenräume geschaffen werden, die sowohl sicher als auch transparent und leicht nachzuverfolgen seien.
Genau dafür eignen sich der Mobility Data Space (MDS) und der Mobilitäts-Daten-Marktplatz (MDM). Daher sei ein Ausbau dieser Systeme aktuell besonders wichtig und sinnvoll, so der BEM. So könnten Daten einfacher und sicherer erhoben und übermittelt werden. Um Datenmissbrauch zu vermeiden, müssten dabei die Nutzungsbedingungen der Systeme technisch untrennbar an die Daten selbst angebunden werden. Auf diese Weise erfolgte die Datenübermittlung rasch und zuverlässig und könnte nicht ohne Weiteres von Dritten eingesehen werden.
Die Informationslücken bei der Elektromobilität müssen geschlossen werden – aber wer soll das bezahlen?
In der Theorie klingt die Idee der Weiterentwicklung und des Ausbaus von MDS und MDM tatsächlich sehr sinnvoll. Allerdings stellt sich dabei die Frage danach, wer die Gelder für die Entwicklung der Datenräume und Implementierungssysteme zur Verfügung stellen soll. Der BEM sieht den Staat als möglichen Akteur für die Bereitstellung von Daten der zugelassenen E-Fahrzeuge. Der Bund hat nämlich mit seinen Förderprogrammen wie Umweltbonus und Investitionskostenzuschuss die Möglichkeit, Daten der Nutzer dieser Fördergelder und der dazugehörigen Fahrzeuge zu speichern und kann diese dann entsprechend weiterleiten, damit daraus Datensätze generiert und an weiteren Schnittstellen sinnvoll verwendet werden können. Dazu müssten die Daten nicht einmal zwingend in Echtzeit vorliegen, es würde reichen, wenn die gesammelten Daten einmal jährlich analysiert werden würden. Das würde bereits einen guten Überblick über die reellen Nutzungsdaten der Elektrofahrzeuge ermöglichen, und künftige Prozesse und Entwicklungen hinsichtlich der E-Mobilität könnten darauf abgestimmt werden. Mit diesem Ansatz wäre die viel diskutierte und kritisierte Bewegungsverfolgung der E-Autos nicht notwendig, und die Übermittlung der Daten würde automatisch mit Hilfe eines zertifizierten Datenschlüssels durch die Anbringung eines speziellen OBD-Adapters am E-Auto oder über direkte Fahrzeugkommunikation erfolgen. Natürlich müssten die erhobenen Daten alle Richtlinien hinsichtlich des Datenschutzes erfüllen und dürften nur für statistische Zwecke erhoben werden, oder im Rahmen einer autorisierten Anwendung von privaten Anbietern genutzt werden.
Fazit
Die Elektromobilität in Deutschland weist erhebliche Informationslücken auf. Mit der Weiterentwicklung der Datensysteme MDS und MDM könnten diese jedoch in Zukunft behoben werden. Hierfür ist allerdings die Einwilligung der Nutzer erforderlich, außerdem müssen die Datenschutzvorgaben eingehalten werden. Der BEM sieht eine Möglichkeit der Datensammlung im Rahmen der Förderprogramme, die von der Bundesregierung zum Ausbau der Elektromobilität aktuell angeboten werden. Diese Daten könnten anschließend für die weitere Verwendung weitergeleitet werden. Die Erlaubnis zur Datenerhebung wäre dabei an die Bewilligung der Förderung gekoppelt. Auf diese Weise können die erhobenen Daten sicher und datenschutzkonform erhoben werden und für die Analyse der tatsächlichen Elektromobilität in Deutschland verwendet werden. Nur so kann auch eine verlässliche Zukunftsplanung in diesem Bereich erfolgen.