Was ist die Tesla Gigafactory in Berlin-Brandenburg?
„Die Gigafactory Berlin-Brandenburg ist der erste Tesla-Produktionsstandort in Europa und unsere modernste, nachhaltigste und effizienteste Produktionsstätte. Ihre Fertigstellung erfolgt in diesem Jahr, um dort Hunderttausende von Fahrzeugen des Model Y und Millionen von Batteriezellen zu produzieren“, schreibt Tesla auf der firmeneigenen Website.
Gigafactory – das bedeutet grob übersetzt Großfabrik. Jene in Grünheide in Brandenburg in der Nähe Berlins ist die „Tesla Gigafactory 4“. Die anderen Standorte sind:
- Gigafactory 1 in Storey County, Nevada (USA): Produziert Batteriezellen.
- Gigafactory 2 in Buffalo, New York (USA): Photovoltaikfabrik.
- Gigafactory 3 in Shanghai, China: Produziert Batteriezellen und E-Autos
- Gigafactory 5 in Austin, Texas (USA): im Bau
Kurz gesagt ist eine Tesla Gigafactory der Produktionsort verschiedener Bauteile und Zubehörartikel für die E-Fahrzeugflotte des Herstellers.
Was ist der aktuelle Stand bei Teslas Gigafactory?
Das Jahr 2021 klingt aus. In den vergangenen zwei Jahren erinnerte das als Industriegebiet ausgewiesene Stück Land nahe dem Ort Grünheide in Brandenburg mehr an einen Ameisenhügel als an einen Bauplatz. Alles musste schnell und immer schneller gebaut werden. Der ehrgeizige Plan von Elon Musk war es, die Gigafactory in Grünheide binnen zwei Jahren hochzuziehen. Auch wenn dieses Ziel erreicht wird, fehlen bis heute die Genehmigungen. Das zuständige brandenburgische Landesamt für Umwelt steht unmittelbar davor, diese Genehmigungen zu erteilen.
Lange galt die Prognose, dass die Gigafactory mit oder ohne Genehmigungen erst im Jahr 2022 die Produktion aufnehmen könnte. Die Arbeiten liegen aber vor diesem Zeitplan, sodass das US-Unternehmen bereits im Dezember 2021 mit dem Start der Herstellung der Produkte anfangen konnte.
Aktuelle Vergleiche mit China – Tesla sieht die Umweltauflagen dort unternehmensfreundlicher
Selbst Dezember 2021 ist allerdings ein Spätstart. Eigenlich sollte das Werk im Speckgürtel Berlins bereits mit Juli 2021 starten. Verzögert wurde der Produktionsstart durch die Notwendigkeit umweltrechtlicher Genehmigungen, die aktuell immer noch nicht zur Gänze vorliegen. Tesla zeigte sich überrascht und verwundert. In Shanghai (China) hätte man weniger Probleme gehabt. Dort konnte man die Gigafactory 3 nach einem Jahr Bauzeit eröffnen.
Tesla-Spezialist warnt Deutschland: „Musk könnte Geduld verlieren“
Pete Gruber ist unter Tesla-Kennern kein Unbekannter. Er gilt als Tesla-Roadster-Spezialist, da er in Phoenix, Arizona eine Tesla-Werkstatt betreibt. Der Mann mit den selbst ernannten deutschen Wurzeln (er spricht gut Deutsch) hat zwar Verständnis für die Gründlichkeit der Menschen im Land seiner Vorfahren, aber Deutschland stehe an einem E-Auto-Scheideweg. Elon Musk könnte die Geduld verlieren, wenn man die vielen deutschen Genehmigungsverfahren betrachtet.
Für Gruber steht fest, dass die Deutschen darauf achten sollten, was für eine Chance die Ansiedlung eines der innovativsten Unternehmen der Welt für das Land der Dichter und Denker haben kann – speziell im Osten der Republik.
„Die deutschen Behörden sollten bei den Tesla-Genehmigungsverfahren Gas geben und nicht auf jeden nachpflanzbaren Plantagenbaum oder jedes umsiedelbare Tier achten. Elon Musk hat bereits mit der Verlegung des Tesla-Hauptquartiers von Kalifornien nach Texas bewiesen, dass er bei Bedarf schnell zu neuen Standorten wechselt“, so Gruber.
Der Umzug nach Texas lag allerdings an den hohen Lebenshaltungskosten für seine normal verdienenden Mitarbeiter, und nicht an den Genehmigungsverfahren in Kalifornien.
Reaktion auf die Warnung von Gruber
Zahlreiche Online-Kommentare zeigen sich erfreut über die „langsamen“ Verfahren in Deutschland und versichern, dass in ihren Ländern (keine spezifische Nennung) diese deutlich schneller gehen würden.
Stimmen aus den beiden betroffenen Bundesländern Berlin und Brandenburg hingegen zeigen sich besonders beeindruckt über die raschen Genehmigungsprozesse und den schnellen Baufortschritt der Gigafabrik. Das kann natürlich auch daran liegen, dass den Menschen in der Region noch das Negativbeispiel des BER in den gesellschaftlichen Knochen steckt.
Und allgemein gesagt waren die Warnungen von Pete Gruber unnötig. In Grünheide ist das erste dort produzierte Model Y feierlich vom Band gelaufen.
Förderung beantragt, bewilligt und abgelehnt
Musk will nicht weg. Er will im Gegensatz sogar mehr in den Standort Berlin/Brandenburg investieren. Hier soll in Zukunft auch eine Fabrik zur Herstellung von Batterien und zum Recycling entstehen. Er hatte dafür sogar einen Förderantrag bei der EU gestellt, welcher auch bewilligt wurde. Es geht dabei um satte 1,14 Mrd. Euro. Die EU sagte Ja. Nun hat Musk überraschend die Summe ausgeschlagen. Der Grund dafür ist, dass Musk seine Betriebsgeheimnisse wahren will. Die Förderung ist nach aktuellem Stand daran geknüpft, dass Tesla die Erkenntnisse, die mit der Fördersumme (Geld aller EU-Bürger und -Bürgerinnen) gewonnen werden, mit anderen Unternehmen geteilt werden müssten. Das will Musk nicht.
Was wird ab wann in Grünheide produziert?
Im Verlauf des Jahres soll der Produktions-Output Stückchen für Stückchen gesteigert werden. Bis Jahresmitte sollen 30.000 Elektrofahrzeuge am Standort Grünheide hergestellt worden sein.
Das Ziel der Gigafactory in Berlin/Brandenburg ist es, mit dann 12.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen pro Jahr 500.000 Elektrofahrzeuge zu produzieren. Im Augenblick arbeiten „nur“ 1.800 Menschen im Betrieb.
Die Welt schaut gespannt auf die Teslas „Made in Germany“. Autos, die hierzulande produziert werden, haben global den Ruf, von hoher Qualität zu sein. Die Frage, die sich stellt, werden die Teslas aus Deutschland diesen Standard halten können?
Grünheide nicht erster deutscher Tesla-Standort
Nicht Grünheide, sondern dem rheinland-pfälzischen Prüm gebührt die Ehre, als erster Produktionsstandort von Tesla in Deutschland zu gelten. Am 3. Januar 2017 übernahm Tesla den Zulieferer Grohmann Engineering. Passend wurde der Name in „Tesla Grohmann Automation“ geändert. Die Expertinnen und Experten fokussieren sich seit damals auf die Herstellung der Produktionssysteme des Tesla Model 3. Auch die Montage-Maschinen für die Fertigung von Batteriemodulen und -zellen werden hier gemacht.
Für zwei deutsche Autobauer hatte die Übernahme durch Tesla Nachteile. Das Unternehmen Grohmann Engineering hatte zuvor lange Jahre mit sowohl BMW als auch Daimler zusammengearbeitet. Diese Kooperationen mussten beendet werden.
Deutsche Unternehmen arbeiten schon lange mit Tesla zusammen. Bauteile für die Fahrzeuge kommen unter anderem von Bosch, Brose, ZF, Continental sowie Elektrobit. Daimler, bei Grohmann Engineering noch im Hintertreffen, liefert selbst Bauteile an Tesla.
Umweltverbände gegen das Projekt
Es wurden und werden immer wieder Stimmen laut, die mahnend vor der Gigafactory warnen. Die Grüne Liga Brandenburg und Nabu (Naturschutzbund Deutschland) zogen Mitte 2021 mit einem Eilantrag gegen die vorläufige Baugenehmigung der Gigafactory in Grünheide vor Gericht. Die Umweltorganisationen scheiterten allerdings. Das zuständige Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die eingebrachte Beschwerde zurück.
Aus der Zurückweisung resultiert, dass Tesla die Anlagen bauen sowie dort die Aggregate testen und Tanks aufstellen und nutzen darf. Die Kritik der Umweltverbände zielt darauf, dass immer noch die umweltrechtliche Genehmigung über das Bundesimmissionsschutzgesetz fehlen würde. Auch zwei Störfallgutachten würden noch fehlen.
Das Oberverwaltungsgericht lehnte Anfang August 2021 auch eine Anhörungsrüge der Umweltverbände ab. Darin bemängelten diese, vom Gericht nicht ausreichend rechtliches Gehör bekommen zu haben.
Tesla steht auch wegen möglicher Wasserprobleme in der Region in der Kritik. Das sagen die Verbände. Überraschenderweise stellen sich die Grünen auf die Seite von Tesla. Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen, sagt dazu: „Die Wassermenge, die benötigt wird – das wird optimiert und das ist darstellbar.“ Michael Kellner (Bundesgeschäftsführer der Grünen) vertraut der Landesregierung und sieht keine Wasserproblematik.
Fazit
Tesla kommt. Trotz der Kritik von Umweltorganisationen und fehlenden Genehmigungen hat Tesla seine Gigafactory in Grünheide in Brandenburg gebaut. Die Produktion des Model Y ist angelaufen. Die bald auf 12.000 Menschen aufgestockte Belegschaft soll, wenn alle Automatisierungsprozesse implementiert sind, pro Jahr eine halbe Million Fahrzeuge produzieren. Um sein Wissen nicht mit lokalen und regionalen Unternehmen teilen zu müssen, verzichtet Elon Musk sogar auf 1,14 Milliarden Euro an EU-Förderungen.