Viele E-Fahrzeuge bieten in den tiefen Einstellungsebenen des Bordcomputers eine Einstellmöglichkeit, die maximale Ladeleistung im AC-Ladebetrieb anzupassen. Wann und ob man von dieser Einstellmöglichkeit Gebrauch machen sollte, und warum Ladeinfrastruktur und Auto von sich aus schlau genug sind, die richtige Ladeleistung zu bestimmen, lesen Sie in diesem Artikel:
Rudimentäres PV-Überschussladen
Auf möglichst einfachem Weg lässt sich über das Drosseln der Ladeleistung eine simple Form des PV-Überschussladens umsetzen – wenn auch nur manuell. Wer beispielsweise an einem sehr sonnigen Tag 10kW peak von seiner PV-Anlage zu erwarten hat und zudem weiß, dass weitere Verbraucher im Haushalt etwa 2kW benötigen, der kann die Ladeleistung händisch von maximal 11kW auf 8kW herabsetzen, um so zu versuchen, rein mit Sonnenstrom zu laden. Klar, dieses Vorgehen ist nur bedingt praxistauglich. Bei einer Verschattung der PV-Anlage, oder bei weiteren Verbrauchern im Hausnetz, wird wieder Strom aus dem Netz bezogen.
Dafür gibt es echte Ladelösungen zum dynamischen PV-Überschussladen, wobei eine Kommunikationsschnittstelle zwischen Wallbox und der PV-Anlage besteht und die Ladeleistung laufend angepasst an die maximale Leistung / den Verbrauch ermittelt wird.
Für den kostengünstigen Einstieg und den Anspruch Sonnenstrom grob priorisiert in das eigene E-Auto fließen zu lassen, kann das Drosseln der Ladeleistung einen interessanten Einstieg bieten.
Schonendes Laden des Fahrzeugakkus
Der Fahrzeugakku ist durchaus ein Bauteil, dessen Leistungsfähigkeit durch einen schonenden Umgang über eine längere Zeitspanne erhalten werden kann. Um die allermeisten Parameter (wie Temperatur etc.) zur Akkupflege kümmert sich das Batteriemanagement-System (BMS) des Fahrzeugs selbstständig. Das macht es in der Regel auch wirklich gut, sodass wir als E-Mobilisten das Thema kaum beachten müssen – so soll es ja auch sein.
Ein Aspekt des Fahrzeuglebens, welchen man als Fahrer aber bewusst beeinflussen kann, ist die Art des Nachladens, insbesondere der Ladeleistung, welche man dem Akku im Alltag zumutet oder zumuten möchte. Hohe Ströme, wie diese beim DC-Laden vorkommen, sind für den Akku nämlich Stress. Aus diesem Grund fällt die Ladekurve, also die Leistungsaufnahme des Akkus, bei zunehmendem Füllstand ab – genauer gesagt begrenzt diese das Batteriemanagement-System (BMS) bewusst.
Allerdings lauert hier auch schon der entscheidende Unterschied: Beim Gleichstrom-Laden (DC) haben wir es mit einer bedeutend höheren Ladeleistung von meist 100+ kW zu tun. Das Wechselstrom-Laden (AC) an der heimischen Wallbox oder auch im urbanen Raum verlangt dem Fahrzeugakku meist nur 11 bis maximal 22kW ab.
Generell gilt: Der Akku fühlt sich umso wohler, je geringer die Be- und Entladeleistung ist, mit welcher er konfrontiert wird. Besonders 11kW (aber auch 22kW) stellen für moderne Fahrzeugakkumulatoren keine übermäßige Belastung dar. Wer seinem Akku also das bestmögliche Wohlfühlprogramm bieten möchte, für den ist der Griff zur verminderten Ladeleistungen in den Systemeinstellungen ein probates Mittel. Ein tatsächlich spürbarer Effekt im Hinblick auf den Leistungserhalt des Akkus darf jedoch nicht erwartet werden.
Langes Laden killt die Effizienz: Die Rechnung ist ganz simpel!
Wer die Ladeleistung drosselt und so den Ladevorgang künstlich in die Länge zieht, der muss leider einen Kompromiss daraus und der dadurch anfallenden Grundlast eingehen.
Bei der Grundlast handelt es sich um den Strom, der vom Fahrzeug immer benötigt wird – ob nun mit 2,3 kW oder mit 22 kW geladen wird. Grund dafür ist unser Stromnetz, denn dieses arbeitet mit Wechselstrom. Die Akkuzellen im Fahrzeug nehmen Strom jedoch als Gleichstrom auf. Damit der Wechselstrom aus dem Netz zu Gleichstrom für die Antriebsbatterie wird, braucht es den Gleichrichter. Dieser befindet sich an Bord des Fahrzeugs und ist für die Umwandlung zuständig. Sein Betrieb unterliegt einem prozentualen Ladeverlust durch Wärmeentwicklung, was nicht vermeidbar ist. Auch andere Systeme des Fahrzeugs sind während des Ladens aktiv: Das Batteriemanagement-System überwacht kontinuierlich alle mit dem Ladevorgang in Verbindung stehenden Parameter, der Heiz- und Kühlkreislauf der Antriebsbatterie (zusammen mit dessen Pumpe) wird ggf. sporadisch oder dauerhaft zugeschaltet, was ebenfalls Strom benötigt.
Wird der Ladevorgang durch eine gedrosselte Ladeleistung also beispielsweise von 4 Stunden bei 11kW auf 19 Stunden bei 2,3kW gestreckt, müssen die Bordkomponenten über diese längere Zeitspanne hinweg ihre Grundlast erbringen, um den Ladevorgang aufrechterhalten zu können. Hierdurch verliert sich leider der Spareffekt der Akkupflege, denn langfristig vergeudet man schlichtweg eine Menge Strom, die nur deshalb anfällt, weil man den Ladevorgang hinauszögert. Batteriemanagement und Co. können im laufenden Betrieb je nach Fahrzeug unter Umständen mehrere hundert Watt Leistung benötigen.
Damit stellt sich die Frage: Ist es überhaupt sinnvoll, Ladeleistungen bewusst zu drosseln?
Wenn es der Anwendungsfall rechtfertigt, ja. Wer trotz Verlustleistung beim manuellen PV-Überschussladen von einer besseren Effizienz seiner PV-Anlage profitiert, für den kann sich das durchaus lohnen. In anderen Fällen sollte man die Ladeleistung wohl am besten das Fahrzeug selbst bestimmen lassen: Ingenieure haben viel Aufwand in die Optimierung der Effizienz gesteckt – man darf den Systemen also durchaus zutrauen, dass sie gut damit fahren, die maximal anliegende Ladeleistung zu beziehen, wo dies möglich ist.