Ein E-Auto wird selbstverständlich mit Strom angetrieben. Dieser fließt von einer Ladestation in den meist im Bodenbereich des Elektrofahrzeugs verbauten Akku. Wie jeder Lithium-Ionen-Akku haben auch jene in E-Autos durch das Aufladen und das Abgeben von Energie eine begrenzte Lebensdauer. In der Regel gehen Experten von 100.000 Kilometern oder einer Dauer von acht bis zehn Jahren aus.
Nach dieser Zeit oder dieser gefahrenen Kilometerzahl sind die Akkus aber nicht kaputt. Meist werden sie ersetzt, wenn man sie noch 70 bis 80 % aufladen kann. Was geschieht nun mit den ausgebauten Geräten? Durch Wegwerfen würde man womöglich nicht nur eine Umweltsünde begehen, sondern auch wertvolle und seltene Rohstoffe verlieren. Damit beides nicht passiert, überlegen Wissenschaftler ebenso wie Ingenieure in der Industrie, wie man alte Akkus aus E-Autos recycelt. Neben der Wiederverwendung von Ressourcen gibt es durchaus schon Ansätze, Akkus auch weiterzuverwenden. Ein Beispiel dafür liefert der Autobauer BMW bei der Produktion des BMW i3.
Verschiedene Systeme des Akku-Recyclings – abhängig vom Anbieter
Noch gibt es nicht den einen Weg, Akkus aus allen Bereichen der E-Mobilität wiederzuverwenden. Aktuell beschäftigen sich unter anderem vier verschiedene Organisationen mit dem Thema „Recycling von Akkus“. Diese sind Umicore, Duesenfeld, Fraunhofer IWKS und Empa.
Ein Grund, warum aktuell intensiv über die Wiederverwertung von Akkus aus E-Autos nachgedacht wird, ist, dass jetzt die erste Generation von Serien-E-Fahrzeugen ein Alter zwischen acht und zehn Jahren erreicht. Somit war bisher ein Recycling nicht nötig, weil alle Akkus in der Regel noch eine Energieeffizienz über 90 % hatten.
Umicore
Im belgischen Brüssel ist das Unternehmen Umicore beheimatet. Es zählt weltweit zu den Vorreitern und ist heute der Marktführer beim Thema Batterierecycling. Dies gilt allerdings nur bei einer, aktuell dafür sehr gängigen Art der Wiederverwertung – dem thermischen Aufschmelzen. Das Verfahren beginnt damit, dass zuerst der Akku verbrannt und im Anschluss zermahlen wird. Durch diesen Prozess können sowohl das Kupfer der Batterie, als auch das Nickel und das Kobalt zurückgewonnen werden.
Der Nachteil dieser Methode der Wiedergewinnung ist, dass nicht alles wiederverwertet werden kann. So gehen zum Beispiel das Graphit, das Aluminium, die Elektrolyte und ganz besonders das Lithium dabei verloren. Umicore und der deutsche Autobauer Audi gingen vor einiger Zeit eine Kooperation ein. Mit gebündelten Ressourcen soll ein geschlossener Kreislauf des Recyclings von Hochvoltbatterien entwickelt werden. Ende 2019 gaben beide bekannt, dass man bald mit der Produktion von Akkus beginnen würde, die aus wiederverwerteten Rohstoffen hergestellt werden würden. Dabei werden laut den beiden Herstellern über 90 Prozent des Kobalts und des Nickels für die Akkus des Audi E-Tron aus recyceltem Material verwendet. Verbaut werden die Rohstoffe zu Precurser- und Kathodenmaterial.
Duesenfeld
Anders als Umicore geht das deutsche Unternehmen Duesenfeld vor. Man verzichtet auf das Einschmelzen oder Verbrennen der Batterien. Das Verfahren funktioniert so: Der abgeschlossene Raum eines Schredders wird unter Stickstoff (Inertgas) gesetzt. Darin werden anschließend mechanisch die Lithium-Ionen-Akkus zerlegt. Durch das Inertgas kann es zu keinem Funkenflug oder Entzündungen kommen. Am Ende des mechanischen Schredderns bleiben die Elektrolyte sowie das geschredderte Material übrig. Aus letzterem werden die Rohstoffe Mangan, Graphit, Kobalt, Nickel und auch das Lithium rückgewonnen.
Aus diesen Stoffen werden in einem nächsten Verfahrensschritt wieder Akkus gebaut. Laut Duesenfeld werden so rund 96 % aller vorher eingesetzten Rohstoffe in den Bau von neuen Akkumulatoren gesteckt. Neben der Ressourcenschonung fallen auch bei der eigentlichen Produktion weniger Schadstoffe an. So wird der CO2-Fußabdruck während der Produktion der neuen Akkus um nicht weniger als 40 % im Gegensatz zu einer kompletten Neuproduktion verringert.
Fraunhofer IWKS
Zielen die Wiedergewinnungsmethoden der beiden erstgenannten Unternehmen auf die einzelnen Komponenten wie die Metalle ab, wählt man bei der Fraunhofer-Einrichtung für Werkstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) einen anderen Weg. Die Forscher zielen darauf ab, zusammenhängende Funktionsmaterialien zu gewinnen. Beim energiesparenden Prozess der elektrohydraulischen Zerkleinerung werden kontrolliert abgegebene Schockwellen verwendet, um Lithium-Ionen-Batterien zu zerlegen.
Zu Beginn der elektrohydraulischen Zerkleinerung werden die Batterien in einem Wasserbad versenkt. Dort treffen die Schockwellen in hoher Frequenz auf die Akkus. So werden die einzelnen Bestandteile getrennt. Zwar verfügen Akkus nicht direkt über Sollbruchstellen, aber die Schockwellen setzen dort an, wo aufgrund der Bauweise Schwachstellen im Materialverbund bestehen. Den geringen Energieaufwand bei diesem Verfahren bestätigt ein Vergleich. Für das Zerlegen von einem Kilogramm Batterien werden beim elektrohydraulischen Verfahren 1,5 Kilowattstunden Strom benötigt. Aufgeteilt wird diese Wattzahl auf durchschnittlich 3.500 Pulse.
So gewinnen die Forscher bei Fraunhofer zusammenhängende Bauteile wieder – darunter Elektrofolien, Gehäuseteile, Separatoren sowie die Elektroden. Diese werden nach den Pulsen über Trennverfahren separiert (Sieben, Flotation) und können anschließend wiederverwendet werden. Die Forscher wollen ihr Verfahren stetig weiterentwickeln, um in Zukunft nicht nur Lithium-Ionen-Akkus, sondern auch Festkörper-Akkus auf Lithiumbasis oder auch Lithium-Schwefel-Akkus recyceln zu können.
Empa
Neben Belgien und Deutschland wird auch in der Schweiz nach einer Möglichkeit gesucht, wie man Lithium-Ionen-Akkus aus E-Autos recyceln kann. Das Team der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) sucht unter der Federführung des bekannten Experten Rolf Widmer nach einem perfekten Wiederverwertungs-Verfahren. Ihnen arbeitet unter anderem die Stiftung Autorecycling der Schweizer Automobilimporteure zu. Gemeinsam werden Untersuchungen angestellt, welche Formen des Akku-Recyclings mit welchen Kosten verbunden sind. Auch die Erträge der Ergebnisse sowie der jeweilige ökologische Fußabdruck werden genau unter die Lupe genommen.
Die bereits erwähnten Unternehmen Umicore und Duesenfeld werden dabei beobachtet. Auch Prozesse und Methoden der Schweizer Batrec Industrie AG werden geprüft. Letztere beginnt das Recycling mit einer thermischen Behandlung der Akkus. Anschließend werden die Batterien einer Abgas-Nass- und einer Abgas-Trocken-Reinigung unterzogen. Die Forscher wollen am Ende ihrer Untersuchung ein Verfahren vorlegen, welches die beste Recycling-Strategie für Akkus beinhaltet. Noch befindet man sich in der Datenerhebungsphase. Ergebnisse werden 2020 oder 2021 erwartet.
Das zweite Leben von Lithium-Ionen-Akkus
Eine andere Art des Recyclings von Akkus aus E-Autos ist nicht deren Wieder-, sondern deren Weiterverwendung. In der Fachsprache nennt man dies das Second Life der Akkus. Dieses beginnt mit dem Ausbau aus den mobilen Fahrzeugen. Durch die noch immer relativ hohe Speicherleistung (70 – 80 %) können diese Akkus nun im stationären Betrieb verwendet werden. Der Vorteil hierbei für die Akkus ist, dass diese weniger Betriebsstress aushalten müssen. Im E-Auto sind sie mechanischen Belastungen bei Brems- sowie bei Beschleunigungsvorgängen ausgesetzt, im stationären Gebrauch nicht. Da für E-Autos ein rasches Aufladen des Akkus wichtig ist, wird dieser dadurch hoch beansprucht. Im stationären Betrieb kann man ihn also schonender, weil langsamer aufladen.
Messreihen unter Laborbedingungen haben gezeigt, dass das Second Life von Akkus mehr als zehn Jahre dauern kann. Wenn man die Jahre der Verwendung in einem Elektrofahrzeug mitzählt, kommt man also auf eine Gesamtlebensdauer von rund 20 Jahren. Und anschließend kann man immer noch durch die oben beschriebenen Methoden mit Recycling viele eingesetzte Ressourcen wiederverwenden.
Ein Beispiel für das Second Life von Akkus bietet das in Leipzig beheimatete BMW-Werk. Dort werden die E-Autos BMW i3 des bayerischen Autobauers hergestellt. An diesem Standort hat BMW 700 alte Akkus des i3 zusammengeschaltet. Die vor Ort durch Solar- und Windstrom erzeugte Energie wird in diesen Akkus gespeichert und bei der Produktion der E-Autos eingesetzt. Die gleichen Akkus werden beispielsweise auch in Hamburg am Hafen bei den Fährterminals eingesetzt. Um in privaten Haushalten einen effektiven Stromspeicher als Puffer für Ausfälle zu haben, reicht schon ein Akku aus einem E-Auto.
Fazit
Das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus wird sich in den kommenden Jahren unabhängig von der verwendeten Methode zu einem großen Geschäft entwickeln. Dazu wird es vermutlich kommen, weil zum einen die Ressourcen für die Produktion selten und teuer sind, und auch, weil der gesellschaftliche Druck auf die Hersteller, umweltschonender zu produzieren, stetig steigt.