Venedig ist Sehnsuchtsort, Stätte der Kultur und vermutlich bald die Heimat von elektrischen Gondeln und Wasserbussen. Die Stadt der vielen Kanäle bietet den Menschen vor Ort oftmals nur die Möglichkeit, wichtige Wege über das Wasser zurückzulegen. Die bekannten Wasserbusse, auch Vaporetti genannt, werden aber mit jedem Jahr weniger. Nun wollen die Verantwortlichen vielfach auf E-Betrieb umstellen. Was umwelttechnisch Anklang findet, stößt bei den traditionsverliebten Gondolieri nicht überall auf Gegenliebe.
Pandemie bremst Vaporetti
Die Wasserbusse (Vaporetti) sind in der italienischen Touristenmetropole Venedig eines der zentralen Verkehrsmittel. Ähnlich dem ÖPNV in deutschen Städten nutzen sowohl die Einheimischen als auch Touristen die schwimmenden Busse.
Durch die Covid19-Pandemie hat sich aber auch hier einiges verändert. So schrumpft aufgrund mangelnder Nachfrage die Zahl der Vaporetti sukzessive. Aus Sorge um diese Entwicklung hatte Arrigo Cipriani, bekannt als der Inhaber von Harry´s Bar in Venedig, eine Idee.
Man solle, so Cipriani, einfach elektrische Gondeln einführen. Mit diesen könnten die Menschen von einem Ufer zum anderen übersetzen.
„Elektrische Gondeln sind die richtige Lösung für Venedig. Sie sind ökologisch, verursachen weder Lärm noch Wellengang und würden die Mobilität in Venedig erleichtern. Sie könnten in den Dienst der Bürger gestellt werden“, so Cipriani gegenüber der Tageszeitung „Il Gazzettino“.
Gondolieri sträuben sich aus „Tradition“
Der Vorschlag des 88-jährigen Lokalbesitzers ist in der Stadt des Dogenpalastes und des Marcus-Platzes aber nicht unumstritten. Im Gegenteil – er ist der Anstoß für eine rege Diskussion. Und wie so häufig, wenn es um Innovationen geht, meldet sich die Tradition zu Wort. Die Gondolieri, die Fahrer der hölzernen Symbole der Stadt, bangen darum, ihre Geschichte nicht so wie bisher gewohnt fortzusetzen.
Vor der Covid19-Pandemie fuhren mehr als 400 Gondolieri mit ihren schwarzen Booten auf den Wasserstraßen der norditalienischen Hafenstadt. Schaulustige und Mitfahrende erfreuten sich gleichermaßen an den in Trachten gekleideten Männern, und seit 2010 auch Frauen, die sich nur allzu gerne fotografieren ließen. Die Gondolieri ließen sich ihr Tagwerk gut entlohnen. Eine 50 Minuten dauernde Tour kostet schnell mehr als 70 Euro.
Einheimische bekommen allmählich ein Mobilitätsproblem
Die Betreiber der Vaporetti haben wegen des Ausbleibens der Touristen die Zahl der Fahrzeuge erheblich reduziert. Dies betrifft aber auch die Mobilität der ca. 250.000 Einwohner und Einwohnerinnen Venedigs.
Zahlreiche Mitarbeiter der ACTV, der venezianischen Nahverkehrsgesellschaft, mussten die bittere Pille schlucken und auf Kurzarbeit gehen. Dagegen regt sich nun innerhalb der Angestellten Protest.
Angriffe auf Vaporetti
Mitte 2021 kam es zu dem Grund für die Proteste. Das Personal verschiedener Vaporetti wurde binnen eines Tages mehrmals angegriffen. Die Touristen und Touristinnen strömten in solchen Scharen auf die Wasserfahrzeuge, dass die Einheimischen keinen Platz mehr fanden und abgewiesen wurden. Diese brauchen aber vielfach die Vehikel für den Arbeitsweg. Das sorgte für jene Spannung, die sich dann in Angriffen entlud.
Umweltschonung durch E-Motoren statt Diesel
Die bislang eingesetzten Vaporetti, was ursprünglich Dampfschiffchen bedeutete, werden allesamt mit Dieselmotoren betrieben. Damit entstand in der Lagunenstadt ein veritables Umweltschutzproblem. Entkam etwas aus den Tanks, floss die Treibstoffflüssigkeit direkt ins Wasser.
Die Lagunenstadt und die Schifffahrt haben eine Hassliebe. Einerseits befahren Einheimisch und Touristen damit die Lebensadern der Stadt, andererseits erzeugen viele davon Wellen, die die Fundamente angreifen. Durch die E-Motoren geht der Wellengang nicht fort, wird aber weniger. Die Zukunft wird zeigen, in welche Richtung sich die Individualschifffahrt in Venedig entwickeln wird.