Verglichen mit der nervigen Fahrt zur Tankstelle haben wir E-Mobilist*innen es schon komfortabel: Wir kommen nach Hause und stecken unser Elektroauto ganz unkompliziert an der heimischen Wallbox an, oder nutzen unterwegs einen der mittlerweile über 65.000 öffentlichen Ladepunkte deutschlandweit.
Was wäre, wenn selbst das Anstecken des Fahrzeugs an der Ladeinfrastruktur künftig vollautomatisiert passiert?
Wie Ladekabel und Auto selbstständig zueinanderfinden
Das Forschungsprojekt namens “ROCIN-ECO” strebt die Entwicklung eines nicht-proprietären und damit herstellerunabhängigen, vollautomatischen Schnellladelösung an.
Ein Roboterarm soll dabei das DC-Ladekabel vollkommen selbstständig und sicher in den Ladeport des Fahrzeugs einführen und den Ladevorgang starten. Das System besteht neben automatisierten Ladeklappen auf Seite des Fahrzeugs aus einem speziellen HPC-Ladekabel sowie einer ausgeklügelten Algorithmik.
Steht das Auto in Position, findet ein optischer Sensor am Ende des Ladekabels die genaue Position im Verhältnis zum Laderoboter, welcher entsprechend angesteuert wird, um Ladeport und Ladeinfrastruktur zusammenzuführen.
Was so einfach klingt gestaltet sich allerdings als sehr herausfordernd, wenn man bedenkt, wie viele Auto-Modelle es mittlerweile gibt und künftig geben wird und wie die Platzierung des Ladeports, je nach Hersteller, mindestens ebenso vielfältig ausfällt. Schließlich muss der Laderoboter ja jederzeit genau wissen, wo sich der Ladeport befindet, um das Kabel sicher verankern zu können.
Vollautomatisiertes Laden als künftige Norm
Um die hochgesteckten Ziele des Projekts erreichen zu können, arbeiten die Projektpartner deshalb in einem ersten Schritt daran, die Anforderungen der neuen Technologie in Normen und Standards zu überführen. Denn nur wenn sich möglichst viele Autobauer daran beteiligen, werden künftige Fahrzeuge auch mit dem vollautomatisierten Ladestandard kompatibel sein.
Die Liste namhafter Kooperationsparten kann sich sehen lassen. Der Ladenetz-Betreiber IONITY fungiert bei dem Projekt als Koordinator und ist neben der Audi AG sowie dem TÜV SÜD Bestandteil des neu gegründeten Konsortiums. An diesem sind weitere Automobilhersteller wie Porsche, BMW, Ford und auch Mercedes-Benz beteiligt. Wenn man diese Marken gemeinsam hinter einem Projekt versammelt sieht, dann darf man stark davon ausgehen, dass wir hier am Ende der Entwicklung tatsächlich ein marktreifes Produkt sehen werden. Auch der Bund ist mit 700.000 € Fördersumme an den Forschungsarbeiten beteiligt.
Warum so viel Aufwand für einen Handgriff?
Die Technologie soll künftig das Schnellladen an ausgewählten und stark frequentierten Standorten entlang europäischer Autobahnen noch bequemer und effizienter gestalten. Eine oder mehrere Spuren der Ausfahrt könnten so als “Ladestraße” verwendet werden. Die Fahrzeuge stehen also in Kolonne und werden in nur 15- bis 30 Minuten aufgeladen, so die Vision der Forschenden.
Für den Einsatz zu Hause wird das System also wohl nicht kommen. Aber sind wir uns doch mal ehrlich: Das kleine “Ritual”, beim Nachhausekommen das Auto mit nur einem schnellen Handgriff an der einfachen Ladelösung anzuschließen und ruhigen Gewissens zu vergessen, wollen wir uns doch auch nicht nehmen lassen, oder?