Sind die Autos der deutschen Politiker umweltfreundlich? Das sollte man zumindest erwarten, denn die Politik fordert von den Bürgern Einschränkungen ihres persönlichen Lebens, um die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen. Geht die Regierung in Berlin gemeinsam mit den Landeschefs mit gutem Beispiel voran oder ist alles nur Schall und Rauch? Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte kürzlich eine Erhebung und schockierte wieder mal mit unglaublichen Resultaten.
Rote Karte für die Spitzenpolitiker
Jedes Jahr stellt die Deutsche Umwelthilfe ihren Dienstwagen-Check der Öffentlichkeit vor. Darin analysiert sie, wie hoch die CO2-Emissionen sowie der Spritverbrauch der Fahrzeuge sind, die die Politiker nutzen. Von Interesse ist dabei insbesondere der reale Fahrbetrieb. An dieser Stelle sei schon einmal vorweggenommen: Die EU-Flottengrenzwerte werden nicht eingehalten.
2021 wurden insgesamt 233 Fahrzeuge unter die Lupe genommen. Nur 16 davon halten den EU-Flottengrenzwert von 95 g CO2/km ein und bekommen die grüne Karte der DUH. Diese wird erteilt, wenn der Grenzwert nicht überschritten wird. Die überwältigende Mehrzahl der 238 Politikerinnen und Politiker sah die rote Karte, weil ihre Fahrzeuge den CO2-Grenzwert der Europäischen Union im Realbetrieb missachten – Vorbild geht anders.
Folglich war das Fazit der Deutschen Umwelthilfe ernüchternd. So betonte die stellvertretende Geschäftsführerin der DUH, Barbara Metz, dass die Bundes- und Landesregierungen sich ein „Schaufahren leisten“ und dabei rücksichtslos die Folgen der Klimakrise ignorieren und konträr zu den Interessen der Bevölkerung handeln.
Der Spitzenplatz geht an gleich drei Politiker
In diesem Jahr teilen sich drei Politiker den Titel des umweltschädlichsten Fahrzeugs. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius und Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, leisten sich einen Audi A8 als Dienstwagen. Während das Ende des Verbrennungsmotors schon in der Luft liegt und die Elektromobilität finanziell gefördert wird, gönnen sich die vorgenannten Spitzenpolitiker einen klima- und umweltschädlichen Diesel. Das Flaggschiff stößt beeindruckende 488 g/km CO2 aus. Zum Vergleich: Der EU-Flottengrenzwert liegt bei 95 g/km CO2.
Einen Platz nach vorne rutscht Berlins Noch-Regierender Bürgermeister Michael Müller. Er kämpfte sich vom letzten auf den vorletzten Rang vor. Das hat allerdings weniger mit einem Umdenken in Bezug auf den Umweltschutz, sondern eher mit dem Unvermögen der Konkurrenz zu tun. Der Mercedes-Benz-S-Guard 600 bringt es auf 408 g/km CO2.
Julia Klöckner „gewinnt“ in Berlin
In Berlin hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU die Nase klar vorne. Sie kann sich fortan mit dem wenig schmeichelhaften Titel „klimaschädlichster Dienstwagen der Bundesregierung“ schmücken. Ebenso wie Volker Bouffier und Co. lässt sie sich in einem Audi A8 Diesel umherfahren. Dieser stößt pro gefahrenem Kilometer im Realbetrieb 191 Gramm CO2 aus.
Der Landwirtschaftsministerin dicht auf den Fersen ist Kanzleramtsminister Helge Braun, der ebenfalls das CDU-Parteibuch sein Eigen nennt. Braun setzt auf einen BMW 730 LD mit einem CO2-Ausstoß von 150 Gramm und heizt dem Klimawandel damit weiter ein.
Die Hoffnung ist noch nicht gänzlich verloren
Dass es auch anders geht, beweisen die 16 Politikerinnen und Politiker, die 2021 eine grüne Karte erhielten. Unter dieser Gruppe macht besonders die Umweltsenatorin Regine Günther auf sich aufmerksam. Ihr Tesla Model 3 erreicht im Realbetrieb einen CO2-Ausstoß von 59 g/km. Der Leiter der Staatskanzlei in Baden-Württemberg, Florian Stegmann, rangiert mit seinem Mercedes-Benz EQC 400 4MATIC knapp dahinter.
Übrigens wurde das Fahrzeug der Bundeskanzlerin nicht in die Bewertung mit einbezogen, weil es sich dabei um eine besonders gepanzerte Limousine mit einem enormen Leergewicht handelt.
Wenig Licht und viel Schatten
In der Gesamtbetrachtung ist zu konstatieren, dass keine Bundesministerin und kein Bundesminister den EU-Flottengrenzwert einhält. Gleichzeitig wird von der Bevölkerung jedoch verlangt, Opfer zu bringen, um die Klimaziele zu erreichen. Die Politikerinnen und Politiker belegen damit eindrucksvoll, dass sie die fatale Signalwirkung, die von ihrem Handeln ausgeht, noch nicht begriffen haben oder unterschätzen.
Bildquelle: BMEL