Der Klimawandel schreitet unaufhörlich voran. Es ist höchste Zeit zu handeln. Darüber sind sich nahezu alle einig. Mit dem Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung kommt nun neuer Schwung in die altbekannte Diskussion über den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland. Die im Vertrag vereinbarten Ziele zum Ausbau der Elektromobilität sollen nun Schritt für Schritt erreicht werden. Der Verkehrssektor spielt eine große Rolle, wenn es um die Reduzierung von Treibhausgasemissionen geht.
Geplant ist, dass die Emissionen im Bereich des Straßenverkehrs bis zum Jahr 2030 um 48 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert werden sollen. Das funktioniert jedoch nur, wenn sofort damit begonnen wird. Und so hat die Bundesregierung vor Kurzem den Masterplan Ladeinfrastruktur II vorgestellt, der alle wichtigen Meilensteine beschreibt, um so schnell wie möglich die beschlossenen Klimaziele erreichen zu können.
Mit öffentlichen Ladestationen zum Vorzeigeland für E-Mobilität
Dass die Elektromobilität keine Eintagsfliege ist, belegen eindrucksvolle Zahlen. Im Moment sind deutschlandweit über 1,5 Millionen E-Autos zugelassen. Die Tendenz verläuft steigend. Nun gilt es, diesen schnell wachsenden Markt zu fördern und das volle Potenzial auszuschöpfen.
Eine Million öffentlich zugängliche Ladestationen sollen deshalb in Deutschland entstehen. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II sieht vor, dass die Elektromobilität zum Zukunftstreiber für Deutschland werden soll. Die Ladeinfrastruktur soll im ganzen Land ausgebaut werden, egal ob Stadt oder Land. Dabei wird im Vorfeld der entsprechende Bedarf analysiert. Die Lademöglichkeiten sind besonders nutzerfreundlich zu gestalten, die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer stehen im Mittelpunkt. Es geht dabei nicht nur um den Ausbau von Ladestationen für elektrische Personenkraftwagen. Auch schwere E-Nutzfahrzeuge wurden im Masterplan Ladeinfrastruktur II berücksichtigt.
Die Bundesregierung will das Geschäftsmodell der E-Mobilität attraktiv machen. Denn dieser Bereich wird zukünftig eine Schlüsselposition im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen. Die Privatwirtschaft soll angespornt werden, in diese Branche zu investieren.
Das schafft langfristig zusätzliche Arbeitsplätze und steigert die Wertschöpfung Deutschlands.
Ein Elektro-Massenmarkt soll in Deutschland entstehen – dieses Zukunftspotenzial will nicht übersehen werden. Deshalb sollen entsprechende privatwirtschaftliche Bemühungen vom Staat unterstützt und gefördert werden.
So wird das Projekt umgesetzt
Federführend ist hierbei das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), in enger Zusammenarbeit mit der NOW GmbH, die zur Gänze dem Bund gehört. Darüber hinaus werden im weiteren Verlauf des Infrastrukturausbaus noch viele weitere Gremien und Firmen mit einbezogen. Gemeinsam wird so der Masterplan Ladeinfrastruktur II geplant und etappenweise umgesetzt. Notwendige und möglichst rasch erteilte Genehmigungen, die Einbringung der zusätzlichen Ladeinfrastruktur in das bestehende Stromnetz und schließlich das große Thema der Digitalisierung beschäftigen die Mitarbeiter der involvierten Einrichtungen Tag für Tag.
Die Ziele
Das schlussendliche Ziel besteht darin, dass das Laden zukünftig genauso reibungslos und unkompliziert abläuft, wie der gewohnte Tankvorgang beim KFZ. Jeder Nutzer und jede Nutzerin sollte zu jedem Zeitpunkt den Zugang zu einer öffentlichen Ladestation haben.
Dabei soll ein gesunder Wettbewerb der Anbieter entstehen, der es Ihnen in Zukunft ermöglicht, das bestmögliche Angebot einer Ladelösung ausmachen zu können.
Der Masterplan Ladeinfrastruktur II sieht zudem vor, dass der erforderliche Datenaustausch rasch und einheitlich erfolgt. Eine große Herausforderung, schließlich ist Deutschland nicht gerade als Land der Digitalisierung bekannt. Doch nur mit modernster Technik lässt sich dieses Vorhaben erfolgreich umsetzen, das hat die Bundesregierung erkannt.
Ein weiteres Ziel ist, dass der Strom, mit dem Ihr E-Auto zukünftig geladen werden soll, so umweltfreundlich wie möglich produziert wird. Schließlich nützt es nichts, wenn E-Autos mit Strom betrieben werden, der im Vorfeld ganz und gar nicht umweltfreundlich hergestellt wurde.
So sieht das Zielbild 2030 konkret aus
Wird der Masterplan Ladeinfrastruktur II konsequent umgesetzt, können Sie bereits in ein paar Jahren von den bundesweiten Vorzügen des E-Ladens profitieren. Die Ziellandschaft soll so aussehen:
- Ladevorgänge sollen möglichst nutzerfreundlich und bezahlbar sein.
- Die Ladeinfrastruktur wird im Vorfeld immer weiter ausgebaut.
- Öffentliche Ladesäulen sollen für jedermann zur Verfügung stehen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollen verbindlich und sicher gestaltet werden.
- Der Staat koordiniert, Länder, Kommunen und die Privatwirtschaft sollen entsprechende Maßnahmen zum Ausbau der Elektromobilität ergreifen.
- Die Digitalisierung der damit einhergehenden Prozesse hat oberste Priorität.
- Die zusätzlichen Kapazitäten, die durch den Ausbau der E-Mobilität geschaffen werden, sollen möglichst störungsfrei ins bestehende Stromnetz integriert werden.
An diesen Maßnahmen wird gearbeitet
Der Masterplan Ladeinfrastruktur II bezieht zahlreiche Teilnehmer aus Politik und Privatwirtschaft mit ein. Damit das Vorhaben reibungslos abgewickelt werden kann, werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, die die enge Abstimmung und Kooperation aller Beteiligten ermöglichen. Im Folgenden erhalten Sie einen groben Überblick über die geplanten und bereits begonnenen Aktivitäten zur Umsetzung des Masterplan Ladeinfrastruktur II.
Es wurde bereits eine „interministerielle Steuerungsgruppe Ladeinfrastruktur (ISLa)“ ins Leben gerufen, damit die Umsetzung des Masterplans ordnungsgemäß koordiniert und gesteuert werden kann. Schwerpunktmäßig soll dabei an der Einbindung von Ladeinfrastruktur und Stromsystem gearbeitet werden.
Diese Punkte sollen noch in 2022 abgearbeitet werden
Der Masterplan Ladeinfrastruktur II sieht vor, dass im Jahr 2022 ein Monitoring-Konzept erarbeitet werden soll, um negative Entwicklungen im Prozess frühzeitig erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Gleichzeitig werden Gespräche mit der Industrie geführt, um einen Überblick über die geplanten Investitionen zu erhalten, sowie um den Bedarf zu analysieren und den Ausbau der Ladeinfrastruktur besser planen zu können.
Außerdem sollen anonymisierte Maut-Daten ausgewertet werden, um den Bedarf für LKW-Ladelösungen ermitteln zu können.
Ebenfalls noch in 2022 soll geprüft werden, inwieweit privat erzeugter Strom (Photovoltaikanlage) zum Laden des E-Autos gefördert werden könnte. Ein entsprechendes Paket könnte eine Förderung für die private Photovoltaikanlage, Zwischenspeicher und Wallbox vorsehen.
Es muss auch analysiert werden, ob es möglich ist, die einzelnen Bundesländer gesetzlich zur Bereitstellung einer lokalen Ladeinfrastruktur verpflichten zu können. Generell sollen Kommunen in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau der Ladeinfrastruktur beisteuern. Hierfür müssen Finanzierungslösungen gefunden und das notwendige Personal zur Verfügung gestellt werden.
Zudem sieht der Masterplan Ladeinfrastruktur II die Bereitstellung eines Lern-Tools für die Kommunen vor, welches über die Grundlagen und Anwendungsbereiche von Ladeinfrastruktur informieren soll.
Außerdem überprüft der Bund, ob sich Flächen, die sich aktuell in seinem Eigentum befinden, zum Ausbau von Ladeinfrastruktur eignen. Über spezielle Ausschreibungen könnten daraufhin öffentliche und nicht-öffentliche Ladestationen errichtet werden.
2023 wird über die Finanzierung beraten
Im nächsten Jahr soll über einen entscheidenden Punkt gesprochen werden: Die weitere Finanzierung des Großprojekts.
Dem Masterplan Ladeinfrastruktur II ist zu entnehmen, dass die bisherigen Förderprogramme kritisch analysiert werden und danach ein neues Konzept zur Finanzierung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur auf den Weg gebracht werden soll.
Die Geldmittel sollen schnell und effizient eingesetzt werden können. Die Kommunen werden zudem zur aktiven Teilnahme aufgerufen, indem sie ebenfalls „Masterpläne“ erarbeiten, in welchen der Ladeinfrastrukturaufbau vor Ort analysiert und beschrieben werden soll. Auch soll ein Finanzierungskonzept erarbeitet werden, das Lademöglichkeiten in dicht besiedelten Gebieten berücksichtigt.
2023 wird außerdem wichtig, wenn es um Ladelösungen für E-Nutzfahrzeuge geht. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II sieht vor, dass zu jeder Zeit Langstreckenmobilität gewährleistet wird, damit die wichtige Logistikbranche schnell vom Ausbau der Ladeinfrastruktur profitieren kann. Außerdem soll über Ladelösungen auf Betriebsgeländen und an wichtigen Umschlagpunkten diskutiert werden. Und selbstverständlich müssen diese Lösungen finanziert werden – auch hierüber wird im nächsten Jahr entschieden.
Die Europäische Union soll ebenfalls ihren Beitrag zum schnellen Ausbau von Ladelösungen leisten. Es ist geplant, dass intensive Gespräche mit EU-Nachbarländern geführt werden, um sich zu diesem Thema auszutauschen und um vom gegenseitigen Wissen profitieren zu können.
Ziel ist es, einen gemeinsamen Fahrplan zu erarbeiten, damit grenzüberschreitend Ladestationen für E-LKWs und E-Fernbusse zur Verfügung stehen.
Digitalisierung und Cybersicherheit
2023 sollen aber noch weitere Themen bearbeitet werden. Im Masterplan Ladeinfrastruktur II sind Ziele angegeben, welche die Digitalisierung und die Cybersicherheit beim Ladeprozess behandeln.
So soll genau erarbeitet werden, welche digitalen Maßnahmen notwendig sind, damit Sie Ihr E-Auto so komfortabel und effizient wie möglich laden können. Vor allem soll der Ladeprozess für Sie als Nutzer sicher sein. Deshalb wurde im Masterplan auch das umfangreiche Thema der Cybersicherheit aufgegriffen. Der digital gesteuerte Ladeprozess und alle damit verbundenen Daten müssen umfangreich vor Cyberangriffen geschützt werden.
Beim Thema Datenaustausch darf ein wichtiger Punkt nicht vergessen werden. Die neu errichteten Ladestationen sollen von Ihnen leicht gefunden werden können. Deshalb wurde im Masterplan Ladeinfrastruktur II festgehalten, dass die entsprechenden Daten für Navigationssysteme und spezielle Apps lückenlos zur Verfügung stehen müssen. Und zwar in Echtzeit. Wichtige Informationen wie etwa Verfügbarkeit, Belegungszustand und natürlich die preisliche Komponente sollen für Sie jederzeit einsehbar und planbar sein.
Die Bürokratie stellt eine Herausforderung dar
Bei all den Zielen und Zeitplänen auf der Agenda, darf ein wichtiger Punkt im Masterplan Ladeinfrastruktur II nicht vergessen werden: Die noch vorherrschende Bürokratie in den entsprechenden Antrags- und Genehmigungsprozessen.
Die aktuellen Förderprogramme für Ladeinfrastruktur zeichnen sich allesamt durch komplexe und aufwändige Bewilligungsprozesse aus. Der Zeitaufwand für Planung und Genehmigung muss zukünftig verkürzt werden. Zudem sollen die Vorgänge effizienter gestaltet werden. Dem Regierungsentwurf ist zu entnehmen, dass das Problem bekannt ist. Nun soll an einer hilfreichen Lösung gearbeitet werden.
Der Masterplan Ladeinfrastruktur II ist also höchst interessant, wenn es um den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland geht. Werden alle Punkte in einem vernünftigen Zeitrahmen umgesetzt, dann können Sie sich schon bald über ein weitreichendes E-Ladenetz in Deutschland freuen.
Quellen:
Bundesministerium für Digitales und Verkehr: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Publikationen/G/masterplan-ladeinfrastruktur-2.pdf?__blob=publicationFile
Bundesministerium für Digitales und Verkehr:
https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2022/048-masterplan-ladeinfrastruktur-2.html