Wie wichtig der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland ist, wird von Seiten der Politik, Automobilherstellern, Umweltverbänden und weiteren Interessensvertretern stets betont. Doch die Umsetzung schreitet nur mäßig voran. Wie vieles, ist eben auch der Ausbau von Ladeinfrastruktur ein komplexes Vorhaben mit vielen Beteiligten und Interessen.
Deshalb haben wir uns gefragt, wie Hersteller von Ladelösungen hierzu stehen und wie deren Produkte einen positiven Beitrag leisten können. Wir haben dazu mit Webasto gesprochen und Herr Dr. Karl Kolmsee hat uns einen Einblick in die Sichtweise des Unternehmens gegeben.
Dr. Karl Kolmsee ist bei Webasto für das globale Aftermarket-Produktportfolio Ladelösungen verantwortlich. Dies umfasst das Laden von Elektrofahrzeugen und industrielles Laden für Flughäfen oder Flurförderzeuge.
Webasto und die Elektromobilität
Webasto hat seit 2015 bereits rund 700 Millionen Euro in die Elektromobilität investiert, um damit den Wechsel aus den klassischen Geschäftsbereichen des Unternehmens in die E-Mobilität zu ermöglichen. Dies zeigt das Vertrauen der Firma in die Zukunft der Elektromobilität.
„In den ersten drei Monaten 2022 überstieg der Auftragseingang von Webasto im Bereich E-Mobilität erstmals den des Kerngeschäfts mit Dachsystemen und kraftstoffbetriebenen Heiz- und Kühllösungen. Dass wir uns in diesem Markt so schnell und gut etabliert haben, ist unser größter Erfolg.“
“Verantwortung mit Weitsicht”: Mit diesem Leitmotiv möchte Webasto den Anforderungen an ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung durch ganzheitliche Lösungen begegnen. Doch wie findet dieser Anspruch Umsetzung in Bezug auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur?
Die Webasto Gruppe ist globaler innovativer Systempartner der Mobilitätsbranche und zählt zu den 100 größten Zulieferern der Automobilindustrie weltweit. 2021 beschäftigte Webasto rund 15.700 Mitarbeitende an über 50 Standorten mit Hauptsitz in Stockdorf bei München.
Ladeinfrastruktur – ein kompliziertes Unterfangen
Laden ist wie ein Ökosystem mit verschiedenen Feldern, die ineinandergreifen müssen: Die Stromnetze müssen stabil sein, es braucht genügend Anschlüsse, geschulte Installateur*innen und ein entsprechendes regulatorisches Umfeld durch die Politik.
“Klar ist auch, damit Ladekonzepte flächendeckend funktionieren können, braucht es ein Zusammenspiel aus Politik und Wirtschaft.”
Webasto ist mit fast allen Automobilherstellern seit vielen Jahren in engem Kontakt. Gemeinsame Basis bildet hier die Überzeugung, dass die mobile Zukunft elektrisch ist. Darauf arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit Kunden hin und ist auch mit Verbänden, sowie mit Politiker*innen in entsprechendem Austausch.
Das Unternehmen trägt auf zwei Arten zur Ladeinfrastruktur bei. Zum einen stellen sie ihren Kund*innen Hardware in Form von hochwertigen Wallboxen und Ladekabeln zur Verfügung. Zum anderen bieten sie einen vollvernetzten Service, der auch die Installation über Partner und die digitale Vernetzung beinhaltet. Neben dem Nutzungs-Komfort steht bei dem Hersteller die sogenannte Sektorenkopplung, also die Integration der Ladeinfrastruktur in die Netz-Infrastruktur im Mittelpunkt. Dies beinhaltet wichtige Schlüsselfaktoren für eine gut funktionierende Ladeinfrastruktur, wie Energie- und Lastmanagement, die Verwaltung und die Abrechnung von Lade-Ereignissen.
„Unser Anspruch ist es, Ladelösungen mit einer hohen Qualität anzubieten. Wenn wir dann das Feedback bekommen, dass Kund*innen die Ladezuverlässigkeit, das gute Preis-Leistungsverhältnis und das Design unserer Ladestationen schätzen, freut uns das sehr. Auch für die Erreichbarkeit und die Zuverlässigkeit in technischen sowie Service-Fragen haben wir bereits positives Feedback von privaten, wie von B2B-Kunden bekommen. Stolz sind wir aber vor allem auf unsere Teamarbeit für und mit unseren Kund*innen.“
Durch die Herangehensweise der „Kunden-Zentriertheit“ (customer centricity) möchte das Familienunternehmen die Bedürfnisse seiner Kundinnen und Kunden verstehen, sodass diese dann zum Maßstab der Produktentwicklung werden. So unterstützen sie die Kundschaft auf dem Weg zu einer klimaschonenden Mobilität.
Ansprüche an das Laden der Zukunft
Alles rund um die E-Mobilität verändert sich schnell. Je mehr Menschen sich mit E-Fahrzeugen und deren Möglichkeiten auseinandersetzen, umso mehr Kenntnis entsteht und daraus Wünsche und Bedürfnisse. Diesen Ansprüchen will Webasto mit neuen Entwicklungen gerecht werden.
„Manchmal ist die Technik noch nicht ganz so weit, wie wir das gerne hätten. Zum Beispiel kann im Winter das Heizen des Innenraumes eines E-Fahrzeuges die Reichweite um bis zu 35 Prozent verkürzen.”
Für dieses Problem konnte Webasto eine innovative Lösung finden, doch das sind nicht die einzigen Herausforderungen für neue Produkte und damit für Hersteller.
Ein weiterer wichtiger Faktor: Es unterscheiden sich die Anforderungen, je nachdem, ob es sich um eine Privatperson, eine*n Flottenmanager*in, eine*n Gewerbetreibenden oder einen Automobilhersteller handelt.
„Wir bieten mit der Webasto Pure eine einfache und sichere Ladestation für Privathaushalte. Die Webasto Next mit dem Backend Webasto Charge Connect richtet sich an alle, die eine intelligente Ladestation nutzen möchten. Viele haben bereits eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ihres Hauses oder einen Heimspeicher. Hier ist wichtig, dass alle Systeme miteinander kommunizieren können.“
Im Trend liegen bei der Entwicklung neuer Wallbox-Generationen Themen, wie die Intelligenz und die Konnektivität, gerade für Flottenbetreiber oder in Mehrparteienhäusern. Weiter spielt der Komfort eine immer entscheidendere Rolle, also zum Beispiel die Möglichkeit der Smartphone-Steuerung oder durch konduktiv-automatisierte Landelösungen.
„Wir sehen großes Potenzial in Gleichstromladesäulen (DC Laden) im Leistungsbereich 80 bis 160 Kilowatt – also in dem Anwendungsbereich des so genannten halb-öffentlichen Laden an der Arbeitsstätte und auch als geteilte Ladesäule in privaten Tiefgaragen. Außerdem werden bidirektionale Ladelösungen kommen, also Geräte, die Strom wieder zurück ins Netz speisen oder die Energieversorgung des Haushalts unterstützen.“