20, 30, 40% Reichweiteneinbruch bei kalten Temperaturen. Zweifelsfrei haben E-Autos mit kälter werdenden Temperaturen zu kämpfen – und das macht sich an einer deutlich geringeren Reichweite in den Wintermonaten bemerkbar. Klar zu sein scheint: „Das liegt am Akku!“ Das stimmt jedoch nur bedingt. Auch wenn die chemischen Prozesse im Akku bei Kälte nicht mehr so effizient ablaufen, so gibt es mehrere Faktoren, welche maßgeblich an der geringeren Winter-Reichweite beteiligt sind. Wir zeigen Ihnen, welche das sind, und wie Sie den Kaltjahres-Verbrauch Ihres Elektrofahrzeugs optimieren.
Der Akku und seine Wohlfühltemperatur
Akkumulatoren sind echte Warmblüter! Ihre chemischen Prozesse laufen immer dann optimal, wenn sie sommerwarmen Temperaturen ausgesetzt sind. Zwischen 20 und 40 Grad Celsius fühlt sich ein Akku am wohlsten. Das mag hochgegriffen klingen, aber tatsächlich ähneln die elektrochemischen Prozesse im Akku sehr stark dem Stoffwechsel eines Säugetiers. Bei kalter Temperatur fährt der „Stoffwechsel“ herunter – Prozesse verlangsamen sich. Der „Organismus“ läuft nicht mehr derart effizient.
Kalte Temperaturen erhöhen den Innenwiderstand des Energiespeichers. Die Ionen im Akku bewegen sich in einer Flüssigkeit, dem sogenannten Elektrolyt, innerhalb der Akkuzelle zwischen Kathode und Anode. Je niedriger die Temperatur, desto zählflüssiger wird das Elektrolyt – infolgedessen verlangsamen sich die elektrochemischen Prozesse, die notwendig sind, dass Strom fließt. Leistung kann nicht mehr so schnell abgerufen werden. Um auf die gleiche Leistungsfähigkeit wie bei sommerlichen Temperaturen zu kommen, ist der Akku also größerem Stress ausgesetzt, was die Degradation (also den Verschleiß) des Energiespeicher beschleunigt. Welche Faktoren für den Verschleiß eines E-Auto-Akkus eine Rolle spielen haben wir in diesem Artikel bereits genauer betrachtet.
Den Akku auf Temperatur bringen
Moderne E-Autos wissen sich gut zu helfen, um den Akkuverschleiß auf ein absolutes Minimum zu begrenzen. Die Fahrzeuge konditionieren den Akku vor – was nichts anderes bedeutet, als dass sie ihn (im Winter) bei Fahrtantritt erwärmen, um sich der zuvor beschriebenen Negativeffekte durch einen erhöhten Innenwiderstand zu entledigen.
Das ist absolut sinnvoll, führt im Umkehrschluss aber leider auch dazu, dass es vor allem bei Kurzstreckenfahrten zu einem stark erhöhten Energieverbrauch kommen kann, weil das Fahrzeug viel Energie dafür aufwenden muss, um den Akku „auf Betriebstemperatur“ zu bringen.
Wer die Möglichkeit hat, der kann sein Fahrzeug im an eine Wallbox angeschlossenen Zustand dazu bringen, diese Vorkonditionierung des Innenraums und auch der Antriebsbatterie zu starten, bevor man losfährt. So wird die dazu benötigte Energie aus dem Stromnetz statt aus der Fahrzeugbatterie entnommen – die Reichweite verringert sich also nicht.
Verbrauchsintensive Funktionen kennen und bewusst nutzen
Wer zuhause schon einmal einen elektrischen Heizlüfter, Konvektor oder Ähnliches in Betrieb hatte, der wird wissen, wie stromhungrig diese Verbraucher sind. Im E-Auto ist das nicht anders. Die Heizung ist einer der Hauptgründe, warum Elektroautos in den Wintermonaten einen derart drastischen Reichweiteneinbruch erleiden.
Einerseits hilft hier der eben genannte Tipp, den Fahrzeuginnenraum im ladenden Zustand vorkonditionieren zu lassen, andererseits kann man bereits beim Fahrzeugkauf / bei der Konfiguration einen wichtigen Schritt für effizientes Heizen im Winter gehen: Mit Entscheidung für eine Wärmepumpe!
Die meisten Autohersteller bieten Wärmepumpen als optionale Zusatzausstattung für ihre E-Auto-Modelle an. Auch, wenn hierfür Mehrkosten beim Autokauf anfallen, so kann sich der verringerte Energieverbrauch einer Wärmepumpe verglichen mit dem konventionellen Heizen mit Blick auf die Autolebensdauer durchaus bezahlbar machen – abgesehen vom zusätzlichen Reichweitengewinn. Wärmepumpen haben einen bedeutend bessern Wirkungsgrad als konventionelle Heizmethoden.
Natürlich benötigen auch Wärmepumpen (wenn auch deutlich weniger) Strom, um für angenehme Wärme im Fahrgastraum zu sorgen. Wer zu den kälteunempfindlichen Personen gehört, der kann vielleicht sogar gänzlich auf die Heizung verzichten – zumindest fast:
Sitzheizung und Lenkradheizung beheizen Oberflächen nur sehr punktuell und bieten deshalb einen optimalen Kompromiss aus Energieeffizienz und Wärmeabgabe. Wer sich auf die „direkte Beheizung“ beschränken kann, der wird kaum Reichweiteneinbuße durch den Heizbetrieb bemerken können.
Bei Verbrenner-Fahrzeugen seit jeher Normalität
Oft entsteht der Eindruck, dass nur E-Fahrzeuge in der kalten Jahreszeit von einem Mehrverbrauch geplagt sind. Diese Annahme ist aber schlichtweg falsch. Bei KFZ mit Verbrennungsmotor existiert dieser Effekt ebenso. Nur fällt es bei dieser Fahrzeuggattung weniger eindrücklich auf, beziehungsweise gilt es hier schon längst als akzeptiert.
Ein kalter (durch winterliche Temperaturen zusätzlich heruntergekühlter) Verbrennungsmotor verbraucht deutlich mehr Sprit als ein warmgelaufener. Dies führt vor allem in den ersten Minuten nach Fahrtantritt zu einem massiven Anstieg des Treibstoffverbrauchs als auch der ausgestoßenen Schadstoffe. Zumindest zweiteres ist bei E-Autos kein Thema.
Auch der Rollwiderstand, welcher bei Winterreifen aufgrund des tieferen Profils und der verbesserten Nasshafteigenschaften, zu einem Mehrverbrauch führt, betrifft alle Fahrzeuggattungen – schließlich stehen Verbrenner-Fahrzeuge ebenso auf Reifen wie E-Autos.
Übrigens: Stromverbraucher wie Sitz- und Lenkradheizung, Scheinbeheizung etc. werden sowohl im Verbrenner-Fahrzeug als auch im E-Auto über das 12V-Bordnetz gespeist („Autobatterie“, nicht die Hochvolt-/Fahrbatterie). Der Benzin- oder Diesel-PKW muss sich die entnommene Energie über die Lichtmaschine zurückholen. Diese Leistungsentnahme führt ebenfalls zu einem direkten Anstieg des Kraftstoffverbrauchs.
Winterliche Temperaturen verlangen also nicht nur uns, sondern auch unseren Fahrzeugen alles ab – und das unabhängig von der Antriebsform.