DC-Laden im Depot: Wann es sinnvoll ist – und wann nicht

DC oder AC? Die Frage entscheidet sich im Tagesablauf
Ob ein elektrischer Lkw mit Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) geladen werden sollte, hängt weniger vom Fahrzeugmodell ab als vom täglichen Einsatzzweck. Die Studie zeigt klar: Für viele Anwendungen im regionalen Verteilerverkehr reicht eine Ladeleistung von 11 bis 22 Kilowatt völlig aus. Wird der Lkw abends ins Depot gebracht und über Nacht geladen, steht er morgens mit vollem Akku bereit – ganz ohne Zeitdruck.
Anders sieht es aus, wenn Fahrzeuge tagsüber mehrfach eingesetzt werden oder zwischen zwei Touren nur wenig Standzeit bleibt. In solchen Fällen kann DC-Laden mit höherer Leistung notwendig werden, um den Energiebedarf zuverlässig zu decken. Gleiches gilt für besonders energieintensive Anwendungen, etwa bei schweren Fahrzeugen mit hoher Tagesfahrleistung oder bei kurzfristigen Zusatzaufträgen, die keine langen Ladepausen erlauben.
Hinweis: Passende Produkte für das DC-Laden finden Sie auf den Erlebniswelten Alpitronic und ADS-TEC Energy. Lösungen für das AC-Laden mit hoher Leistungen finden Sie auf in dem Magazinartikel "AC-Schnellladen mit 43 kW" und auf der Erlebniswelt Alfen.
Typische Einsatzszenarien im Überblick
Die Studie unterscheidet die Anforderungen an die Ladeleistung grob in drei Kategorien:
- Langsames AC-Laden (bis 22 kW): Ideal für den klassischen Regionalverkehr mit planbaren Ruhezeiten.
- Mittleres DC-Laden (50–150 kW): Geeignet für Betriebe mit mehreren Einsätzen pro Tag oder kurzer Standzeit im Tagesverlauf.
- Hochleistungs-DC-Laden (ab 350 kW): Notwendig für sehr dichte Einsatzpläne, enge Zeitfenster oder Hochleistungsanwendungen – auch im Fernverkehr, der im Fokus zukünftiger Ladeparks entlang der Autobahnen steht.
Diese Einteilung zeigt deutlich: DC-Laden ist kein Standardfall, sondern eine gezielte Lösung für bestimmte Betriebssituationen.
Kosten und Infrastruktur: DC ist leistungsstark – aber teuer
Mit der höheren Leistung kommen auch höhere Investitionen. DC-Ladegeräte sind technisch aufwendiger und deutlich kostenintensiver als AC-Wallboxen. Auch der Netzanschluss muss entsprechend dimensioniert sein, was nicht nur teuer ist, sondern mitunter auch lange Genehmigungs- und Umsetzungszeiten erfordert. Besonders kleinere Betriebe ohne eigene Energieabteilung oder mit begrenzten Flächen stehen hier vor großen Herausforderungen.
Die Studie empfiehlt daher, den Ausbau von Ladeinfrastruktur möglichst eng an den tatsächlichen Bedarf zu koppeln. AC sollte immer dann eingesetzt werden, wenn es betrieblich ausreicht – DC dort, wo es notwendig ist. Dieser pragmatische Ansatz spart nicht nur Kosten, sondern erhöht auch die Realisierbarkeit vieler Depotprojekte, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.
Ein Blick in die Zukunft
Mit steigender Elektrifizierungsquote wird auch die Rolle des DC-Ladens zunehmen. In vielen Fällen werden künftig gemischte Lösungen im Depot entstehen: AC für die Grundlast, DC für Spitzenzeiten oder Fahrzeuge mit besonderem Ladebedarf. Auch bidirektionales Laden – also das Zurückspeisen von Strom aus dem Fahrzeug ins Netz – wird perspektivisch an Bedeutung gewinnen, vor allem im Zusammenspiel mit Lastmanagement und eigener Stromerzeugung etwa durch Photovoltaik.
Noch ist die Technik dafür nicht flächendeckend verfügbar, doch die Grundlagen sind gelegt. Wer heute in DC-Ladepunkte investiert, sollte also nicht nur die aktuelle Nutzung im Blick haben, sondern auch die langfristige Entwicklung des eigenen Fuhrparks und Energiebedarfs mitdenken.
Fazit
DC-Laden im Depot ist kein Muss für alle – aber eine wichtige Option für spezifische Einsatzszenarien im gewerblichen Verkehr. Die Studie „Truck Depot Charging“ macht deutlich, dass die meisten Anwendungen im regionalen Bereich mit kostengünstigem AC-Laden abgedeckt werden können. DC-Ladeinfrastruktur ist dann sinnvoll, wenn Betriebszeiten, Ladefenster oder Energiebedarf es verlangen. Eine differenzierte Planung, die Technik und Betriebsrealität zusammenbringt, ist entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg der Elektrifizierung im Lkw-Sektor.
Zur Studie (PDF):
Truck Depot Charging – Final Report (EN)
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Markus Fryzel
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