Die Elektromobilität schreitet weltweit stark voran. Auch in Deutschland soll die Elektromobilität weiter unterstützt und ausgebaut werden. So hat die Bundesregierung zum Beispiel das Ziel ausgerufen, im Jahre 2030 mindestens 7 bis 10 Millionen reine Elektroautos auf den Straßen zu haben. Im Frühjahr 2022 waren es erst rund 687.000 E-Autos. Um das durchaus ambitionierte Ziel zu erreichen, muss sich also noch einiges ändern. Einer der wichtigsten Faktoren bei der Entwicklung der Elektromobilität ist die Ladeinfrastruktur. Wie diese aktuell in Deutschland aussieht, wie sie z. B. in Parkhäusern verbessert wird, sie im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in Deutschland ausgebaut ist und vieles mehr, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was ist der aktuelle Stand der Ladeinfrastruktur in Deutschland?
Lange Zeit galt die Ladeinfrastruktur in Deutschland als äußerst schlecht. In Vergleichen zu anderen Ländern lag Deutschland immer weit hinten. Doch was hat sich in den letzten Jahren geändert? Tatsächlich hat sich die Ladeinfrastruktur in Deutschland in den letzten Jahren stark verbessert. Mit mittlerweile fast 60.000 Ladepunkten liegt Deutschland europaweit auf Platz zwei. Experten bemängeln allerdings, dass nicht nur die Anzahl der Punkte zum Laden entscheidend ist, sondern auch die geschickte und praktische Platzierung dieser für eine gute Infrastruktur von Bedeutung ist. Neben den Schnellladern, die oftmals an Autobahnen errichtet werden, braucht es auch an Orten, wo Autos über einen längeren Zeitraum abgestellt werden, ein reichliches Angebot an Punkten zum Laden. Deswegen wird die Idee, ganze Parkhäuser mit Ladestationen auszustatten, immer präsenter und wird teilweise sogar schon umgesetzt.
So gibt es bereits Städte mit einem Parkhaus, an dem E-Autos laden können. Ein Beispiel hierfür ist Nürnberg. Der kommunale Versorger namens N-Ergie versorgt dort seit Juli 2021 das Parkhaus der Zukunft. An 128 Punkten kann dort während des Parkens geladen werden. Doch nicht nur in Nürnberg will man die Ladeinfrastruktur in den Parkhäusern verbessern. Heilbronn plant, ab dem Jahr 2023 rund 200 Punkte zum Laden in Parkhäusern aufweisen zu können. Frankfurt möchte sogar, ebenfalls bis 2023, 300 Ladestationen errichten. Auch wenn sich diese Zahlen erstmal gut anhören, trügt der Schein. Allein die 300 Ladepunkte in Frankfurt sollen auf ganze elf Tiefgaragen und Parkhäuser aufgeteilt werden. Folglich gibt es zwar in vielen Parkhäusern ein paar Ladepunkte, in einer Stadt wie Frankfurt werden diese vermutlich jedoch sehr oft belegt sein, sodass nicht alle E-Autobesitzer das Angebot nutzen werden können. Das dies auch anders gehen kann, zeigt sich vor allem in Skandinavien.
Wie könnte die Ladeinfrastruktur in Zukunft aussehen?
Um über die Zukunft der Ladeinfrastruktur in Deutschland zu sprechen, macht es Sinn, einen Blick auf Skandinavien zu werfen. Dort ist die E-Mobilität bereits sehr weit vorangeschritten. So gibt es in Stockholm (Schweden) bereits 7 Parkhäuser, in dem jeder Parkplatz einen Ladepunkt besitzt. Das bislang größte Parkhaus mit vollständiger Elektrifizierung steht ebenfalls in Stockholm. Das dreistöckige Parkhaus ist komplett unterirdisch und verfügt über 1000 Punkte zum Laden. Im Mai 2022 wurde es eingeweiht und ist seitdem mit bereits 800 Ladepunkte im Betrieb. Bis 2026 soll das 67 Millionen teure Parkhaus finalisiert sein. Aktuell sind erst zwei der drei Etagen fertiggestellt.
Wie kann solch ein Parkhaus funktionieren?
Im Verlauf dieses Artikels werden auch noch Herausforderungen und Probleme von solchen Gebäuden thematisiert. Gerade die hohen Strommengen, die für solch ein Parkhaus benötigt werden, stellen große Probleme dar. Wie konnten die Schweden diese Herausforderung meistern? Jeder Ladepunkt hat eine Leistung zwischen 3,7 und 22 kW und verfügt über ein dynamisches Nanogrid-Lastmanagement. So wird verhindert, dass es zu einer Überlastung des Stromnetzes kommen kann. Hinzu kommt, dass allein 2 Millionen Euro in den Ausbau des Stromnetzes für das Parkhaus investiert wurden, sodass dieses sehr stark und belastbar ist.
Hinter der Umsetzung sitzt unter anderem das Unternehmen „CTEK“. Dieses sieht sich selbst als Weltmarkführer im Bereich Ladestationen an und möchte auch in Deutschland die Ladeinfrastruktur verbessern.
Probleme und Herausforderungen beim Laden im Parkhaus
Auch wenn in einem Parkhaus, in dem sich E-Autos meist mehrere Stunden oder sogar Tage befinden, keine Schnelllader benötigt werden und die Anschaffung so auf den ersten Blick deutlich einfacher und erschwinglicher klingt, gibt es einige Herausforderungen bzw. Probleme, die es in Deutschland zu lösen gibt.
Wo kommt der Strom her?
In einem großen Parkhaus stehen hunderte, wenn nicht sogar tausende Autos. Werden all diese Autos mehr oder weniger an einer Stelle geladen, werden an solchen Orten große Mengen an Strom benötigt. Damit E-Autos wirklich umweltfreundlich sind, müssen diese mit Ökostrom geladen werden. Dieser wird zwar immer verbreiteter, ihn jedoch in großen Mengen an einem Ort zur Verfügung zu stellen, dürfte zumindest in einigen Städten eine Herausforderung darstellen.
Generell wird der Stromverbrauch der Städte immer höher. Damit ein ganzes Parkhaus mit Punkten zum Laden ausgestattet werden kann, bedarf es eines sehr stabilen und starken Stromnetzes.
Die klassische Stromversorgung geschieht in ganz Europa in der Regel über dreiphasigen Hochspannungsstrom. Diese Versorgung liefert gute 11 kW, die meistens ausreichen, um alle Geräte in einem Mehrzweckgebäude mit Energie zu versorgen. Benötigt ein Unternehmen in einem Gebäude mehr Strom als diese 11 kW, kann es eine zweite oder dritte Leitung beantragen. Teilweise, gerade in dicht besiedelten städtischen Gebieten, können diese Anfragen jedoch jetzt schon nicht mehr erfüllt werden.
Eine vergleichsweise schwache Ladestation benötigt bis zu 7,6 kW. Ein Parkhaus mit 100 Punkten zum Laden würde folglich mindestens 50 weitere Stromleitungen beantragen müssen, um das Laden von vielen E-Autos im Parkhaus zu gewährleisten.
Hohe Anschaffungskosten
Auch wenn der Ausbau von Punkten zum Laden in Parkhäusern in höheres Potenzial besitzt als an anderen Orten, bleibt die Realisierung von solchen Projekten sehr teuer. Jedes Parkhaus ist individuell aufgebaut und auch die Stromversorgung unterscheidet sich von Parkhaus zu Parkhaus. Folglich muss jede Anlage individuell geplant werden. Das größte E-Ladestationen-Parkhaus in Stockholm hat ca. 67 Millionen Euro gekostet, von denen allein 2 Millionen für die Anpassung des Stromnetzes dienten. Das in Heilbronn für 2023 geplante Projekt mit 200 Punkten zum Laden wird vermutlich 18,1 Millionen Euro kosten. Eine flächendeckende Ausstattung von Parkhäusern würde also äußerst teuer werden.
Erschwerte Brandbekämpfung
E-Autos brennen nicht häufiger als klassische Verbrenner, allerdings brennen sie anders. Innerhalb einer Minute kann der gesamte Innenraum in Flammen stehen. Zudem kann die Batterie bei einem Thermal Runaway (oft nach einer Beschädigung der Batterie) bis zu dem Zehnfachen der elektrischen Energie in Wärme abgeben. Neben gewaltigen Stichflammen können so Temperaturen von bis zu 1000 °C entstehen. Doch nicht nur die E-Autos stellen in Parkhäusern eine Gefahr dar, auch die Ladestationen können Ursache für einen Brand werden. Gerade durch Vandalismus, der in öffentlichen Parkhäusern nicht ausgeschlossen werden kann, entsteht schnell ein Kabelbrand.
Für das Runterkühlen einer typischen Batterie werden ca. 20.000 Liter Wasser benötigt. Da aus einem Liter Löschwasser rund 1700 Liter heißer Wasserdampf entstehen, kann sich die Brandbekämpfung in den meist engen Parkhäusern sehr schwierig gestalten.
Fazit
Die Infrastruktur zum Laden hat sich in Deutschland in den letzten Jahren stark verbessert. Doch gerade im Vergleich zu anderen Ländern wie z. B. Schweden hinkt Deutschland stark hinterher. Eine theoretisch gute Möglichkeit, viele neue Ladepunkte zu errichten, ist die Elektrifizierung von Parkhäusern. Die ersten Projekte laufen z. B. in Schweden schon und sind in Deutschland in der Finalisierung. Auch wenn einige Herausforderungen wie die Stromversorgung oder die Brandbekämpfung in großen Parkhäusern existieren, sind sich Experten sicher, dass flächendeckende Ladestationen in Parkhäusern die Elektromobilität voranbringen werden.